Politik

Beamte verdienen mit Nebenjobs Spitzen-Gagen

Eine Kleine Anfrage des Finanzausschusses fordert Klarheit zu Nebeneinkünften der Beamten in der Wirtschafts- und Finanzverwaltung. Es bestehe die begründete Sorge, dass Nebentätigkeiten die Pflichten einiger Beamter in den Jahren 2011 bis 2015 beeinträchtigt hätten.
10.06.2016 20:42
Lesezeit: 2 min

In einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung schreibt der Vorsitzende des Finanzausschusses, Gerhard Schick (Grüne):

„In abgrenzbaren Bereichen der Wirtschafts- und Finanzverwaltung, insbesondere der Steuerabteilung des Bundesfinanzministeriums, besteht aber die begründete Sorge, dass Nebenjobs wegen ihrer Dauer oder der Höhe ihrer Vergütung die Pflichten der Beamtinnen und Beamten aus § 61 Abs. 1 BBG gefährden. Danach haben Beamtinnen und Beamte „sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert“.

Wenn ein kleiner Kreis behördlicher Entscheidungsträger hochdotierte Vorträge im thematischen Zusammenhang zu seiner Tätigkeit hält, bestehen an der Uneigennützigkeit und Unvoreingenommenheit des Amtsträgers Zweifel. Wer sich 21 Wochen lang einer Nebentätigkeit widmet, der muss jedenfalls sehr genau darlegen, wie das mit der gesetzlichen Forderung nach vollem persönlichem Einsatz vereinbar ist.

Die Beantwortung der Kleine Anfrage wurde wegen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Daten und wegen Inkonsistenzen der ermittelten Daten viermal (!) um mehrere Woche verschoben. Das zeigt, dass die Erfassung der Nebentätigkeiten dringend neu organisiert werden muss, um überhaupt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Regeln des Beamtenrechts eingehalten werden können.

Darüber hinaus haben wir nach wie vor Zweifel, ob trotz großer Anstrengungen der Verwaltung in der Beantwortung des KA die vorliegende Fassung vollständig und fehlerfrei ist. So gibt beispielsweise das Bundesministerium für Finanzen an, im Jahr 2011 hätten 4 Beamtinnen oder Beamte durchschnittlich 1.370,- Euro mit „Diskussionen“ verdient. Der Gesamtverdienst im Ministerium für diese Art der Nebentätigkeit müsste also bei 5.480,- Euro liegen. Als höchste Vergütung wird aber die Summe von 6.000,- Euro genannt. Da werden wir nachhaken.

Zusammenfassung:

1. Rund 1100 Beamte aus den 15 Bundesministerien einschließlich Kanzleramt sind 2015 einer bezahlten Nebentätigkeit nachgegangen.

2. Höchststundensätze betrugen bis zu mindestens 564,85 Euro.

3. Beamtinnen und Beamte des Bundesfinanzministeriums haben in den Jahren 2011 bis 2015 mit Vorträgen rund 214.818,- Euro verdient. Dabei haben pro Jahr durchschnittlich 38 Beamtinnen oder Beamte durchschnittlich 1.137,40 Euro erhalten bei einem angezeigten Zeitaufwand von durchschnittlich 10,2 Stunden. Der höchste angezeigte Verdienst für Vorträge lag bei 8.640,- Euro. Der Höchststundensatz lag bei mindestens 216,- Euro.

4. Beamtinnen und Beamte des Bundesfinanzministeriums haben in den Jahren 2011 bis 2015 mit Aufsätzen, Artikeln und Beiträgen rund 229.026,- Euro verdient. Dabei haben pro Jahr durchschnittlich 35 Beamtinnen oder Beamte durchschnittlich 1355,20 Euro erhalten bei einem angezeigten Zeitaufwand von durchschnittlich 10,4 Stunden. Der höchste angezeigte Verdienst für Aufsätze, Artikel oder Beiträge lag bei 9.658,- Euro.

5. Beamtinnen und Beamte des Bundesfinanzministeriums haben in den Jahren 2011 bis 2015 mit Kommentaren rund 331.148,- Euro verdient. Dabei haben pro Jahr durchschnittlich 14 Beamtinnen oder Beamte durchschnittlich 4.753,80 Euro erhalten bei einem angezeigten Zeitaufwand von durchschnittlich 45,6 Stunden. Der höchste angezeigte Zeitaufwand lag bei 832 Stunden innerhalb eines Jahres, was bei einem 8- Stunden-Arbeitstag knapp 21 Wochen entspricht. Der höchste angezeigte Verdienst für Kommentare lag bei 20.000,- Euro.

6. Beamtinnen und Beamte des Bundesfinanzministeriums haben in den Jahren 2011 bis 2015 als Herausgeber rund 163.824,- Euro verdient. Dabei haben pro Jahr durchschnittlich 10 Beamtinnen oder Beamte durchschnittlich 3.272,40 Euro erhalten bei einem angezeigten Zeitaufwand von durchschnittlich 29,4 Stunden. Der höchste angezeigte Verdienst als Herausgeber lag bei 25.000,- Euro. Der Höchststundensatz lag bei mindestens 240,38 Euro.

7. Für „Diskussionen“ haben Beamtinnen und Beamte des Bundesfinanzministeriums in den Jahren 2011, 2012, 2013 und 2015 insgesamt rund 37.134,- Euro erhalten. Dabei haben pro Jahr durchschnittlich 8 Beamtinnen oder Beamte durchschnittlich 1.187,50 Euro erhalten bei einem angezeigten Zeitaufwand von durchschnittlich 6,25 Stunden. Der höchste angezeigte Verdienst für „Diskussionen“ lag bei 6.000,- Euro. Der Höchststundensatz lag bei mindestens 333,33 Euro.“

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Reichster Ostdeutscher: Wie ein Unternehmer einen kleinen DDR-Betrieb zum globalen Player macht
25.04.2025

Rekord-Umsatz trotz Krisen: Der Umsatz von ORAFOL betrug im Jahr 2024 betrug 883 Millionen Euro – ein Rekordjahr trotz Wirtschaftskrise....

DWN
Politik
Politik Rentenbeiträge und Krankenkasse: Sozialabgaben werden weiter steigen
25.04.2025

Gerade bei der Rente hat die kommende Merz-Regierung ambitionierte Pläne. Doch gemeinsam mit den Krankenkassenbeiträgen droht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gold im Höhenrausch: Wenn Trump das Gold sieht, wird es gefährlich
25.04.2025

Der Goldpreis steht kurz davor, einen historischen Rekord nicht nur zu brechen, sondern ihn regelrecht zu pulverisieren. Die Feinunze Gold...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Autoindustrie unter Druck: Zollkrieg sorgt für höhere Preise und verschärften Wettbewerb
25.04.2025

Der Zollkrieg zwischen den USA und Europa könnte die Auto-Preise in den USA steigen lassen und den Wettbewerb in Europa verschärfen....

DWN
Finanzen
Finanzen Vermögen der Deutschen auf Rekordhoch – aber die Ungleichheit wächst mit
25.04.2025

Private Haushalte in Deutschland verfügen so viel Geld wie nie zuvor – doch profitieren längst nicht alle gleichermaßen vom...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland am Wendepunkt: Wirtschaftsmodell zerbricht, Polen rückt vor
25.04.2025

Deutschlands Wirtschaftsmaschinerie galt jahrzehntelang als unaufhaltsam. Doch wie Dr. Krzysztof Mazur im Gespräch mit Polityka...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China im Handelskrieg: Regierung bereitet sich auf das Schlimmste vor
25.04.2025

Chinas Führung bereitet sich inmitten des eskalierenden Handelskonflikts mit den USA auf mögliche Härtefälle vor. In einer Sitzung des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Pharmazeutische Abwanderung: Wie Europa seine Innovationskraft verloren hat – und sie zurückgewinnen kann
25.04.2025

Europas einst führende Rolle in der Pharmaforschung schwindet – während andere Regionen aufholen, drohen Abhängigkeit und...