Im Prozess um Steuerbetrug mit Luftverschmutzungsrechten muss einer der sieben angeklagten Deutsche-Bank-Mitarbeiter ins Gefängnis. Das Landgericht Frankfurt verurteilte den heute 55 Jahre alte ehemaligen Vertriebsleiter im Investmentbanking wegen Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft, wie Reuters meldet. Er hatte das Geschäft mit den CO2-Zertifikaten in Deutschland für die Bank koordiniert. Der Vorsitzende Richter Martin Bach blieb unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Er sprach am Montag von einem „außerordentlich milden Urteil“. Die Deutsche Bank habe die Betrügereien durch den „Ausfall aller Sicherheitsmechanismen“ begünstigt.
Fünf weitere Ex-Mitarbeiter des größten deutschen Geldhauses kamen mit Bewährungsstrafen zwischen einem und zwei Jahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung davon. Ein Angeklagter wurde nur verwarnt, weil er versucht hatte, seine Kollegen zu bremsen.
Der als Haupttäter ausgemachte 55-Jährige habe alle Bedenken und Verdachtsmomente gegen dubiose Händler von CO2-Zertifikaten beiseitegeschoben, mit denen die Bank ins Geschäft gekommen war, sagte Bach. Er habe den zunächst gestoppten Handel mit den Betrügern wiederaufgenommen, obwohl er die Risiken erkannt habe. Zumindest ein Händler sei „mühelos als Steuerbetrüger zu identifizieren gewesen“. Damit sei der Manager als Täter und nicht wie seine Kollegen als Gehilfe einzustufen. Er habe auch die Karriere seiner Untergebenen zerstört. Der Banker hatte auf Freispruch plädiert: Er sei „einem Betrüger auf den Leim gegangen, der sein Bestes gab, mich zu täuschen“. Bach sagte, damit habe er sich als einziger nicht zu seiner Verantwortung bekannt. Die Verteidigung kündigte Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) an.
Die Bundesregierung hatte die CO2-Zertifikate ausgegeben, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Doch Betrüger nutzten den Handel, um mit einem Umsatzsteuer-Karussell binnen weniger Monate 220 Millionen Euro Steuern zu hinterziehen. Die Deutsche Bank hatte die zu Unrecht kassierten Steuern schon vor Jahren zurückgezahlt. Von den angeklagten Mitarbeitern hatte sie sich 2015 getrennt, der Ranghöchste unter ihnen ist in Rente. Er wurde zu einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt und muss 180.000 Euro zahlen. Für ihn habe das CO2-Thema nur eine Nebenrolle gespielt, sagte Bach.
Ein Sprecher der Bank betonte, sie habe seit dem CO2-Betrug „ihre Prozesse bei der Aufnahme neuer Kunden grundlegend verändert“. Die sechs 2011 verurteilten Händler hatten in ihrem Prozess angegeben, sie seien bei der Deutschen Bank - im Gegensatz zu anderen Instituten - sofort mit offenen Armen empfangen worden. „Wir haben es hier mit einem kollektiven Versagen zu tun“, sagte einer der Verteidiger der Nachrichtenagentur Reuters. Alle hätten sich stets nur gegenseitig abzusichern versucht, niemand habe richtig nachgehakt. „Die Deutsche Bank war der Ansicht, dass sie das Problem - anders als alle anderen - im Griff hat.“ Die Mitarbeiter in Deutschland seien auch von ihren Kollegen in London belogen worden, die viel früher gewusst hätten, dass die Zertifikate für ein Umsatzsteuerkarussell verwendet wurden.
Der Leitende Oberstaatsanwalt Thomas Gonder begrüßte, dass das Gericht die Angeklagten trotz der organisatorischen Mängel in der Bank nicht von persönlicher Schuld freigesprochen habe. Sie hätten durchaus kriminelle Energie gezeigt. Zu den Motiven der Banker äußerte sich Richter Bach allerdings nicht. Er blieb hinter Gonders Forderungen zurück: Die Staatsanwaltschaft hatte für drei Angeklagte zwischen zweieinhalb und vier Jahren Haft gefordert und in vier Fällen auf Bewährungsstrafen plädiert. Die Banker saßen seit Februar auf der Anklagebank, der Prozess gegen eine Kundenbetreuerin war wegen Krankheit abgetrennt worden.