Finanzen

Ex-Verfassungsrichter: Beschränkung des Bargelds schränkt Grundrechte ein

Der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen lehnt Bargeld-Obergrenzen ab. Diese würden gleich gegen mehrere Grundrechte verstoßen. Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist kritisch – er bezweifelt, dass Obergrenzen die organisierte Kriminalität wirksam eindämmen würden.
14.06.2016 01:25
Lesezeit: 1 min

Der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier hat erhebliche rechtliche Bedenken gegen die von der Bundesregierung erwogene Obergrenze für Zahlungen mit Bargeld, wie dpa berichtet. „Es geht um nicht unwesentliche Beschränkungen mehrerer Grundrechte“, sagte der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts bei einer Tagung der Deutschen Bundesbank am Montag in Frankfurt.

Das im Grundgesetz verbürgte Recht auf Eigentum und dessen freie Nutzung würde ebenso beschnitten wie die Vertragsfreiheit, weil Bürgern vorgeschrieben würde, Zahlungen ab einer bestimmten Höhe elektronisch abzuwickeln. Auch in Bezug auf Europarecht habe er „erhebliche Bedenken“, sagte Papier, denn der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr würde beschränkt. „Auf jeden Fall gilt, dass der Gesetzgeber für seine Grundrechtseinschränkungen legitime Gründe des Gemeinwohls anführen muss“, betonte Papier.

Befürworter versprechen sich von Obergrenzen eine Eindämmung krimineller Machenschaften. Es gebe von Polizeibehörden und Zoll „sehr klare Hinweise auf die Risiken“ von Bargeld wie Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche, erklärte der Leiter der Finanzmarktabteilung im Bundesfinanzministerium, Levin Holle. Die Politik müsse daher abwägen zwischen individueller Freiheit und dem allgemeinen Schutz der Sicherheit der Bürger. Holle sagte: „Es geht in keiner Weise um die Abschaffung von Bargeld.“

In 12 der 28 EU-Staaten gibt es bereits Beschränkungen von Zahlungen mit Schein und Münze. Deutschland strebt eine gemeinsame Lösung an und hat eine 5000-Euro-Grenze ins Spiel gebracht.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann bekräftigte seine Zweifel an der Wirksamkeit einer solchen Maßnahme. Ihm seien „keine Studien bekannt, die eindeutig belegen, dass mit Bargeldbeschränkungen die organisierte Kriminalität, Steuerhinterziehung und der internationale Terrorismus tatsächlich wirksam bekämpft werden“.

Papier führte aus, Obergrenzen für sehr hohe Bargeldzahlungen schienen „nicht gänzlich untauglich zu sein, um diese Kriminalität einzudämmen“. Allerdings sei diese Bewertung „noch sehr vordergründig“. Der Jurist mahnte: „Der Gesetzgeber sollte sich von vorschnellen und vagen Annahmen nicht leiten lassen.“ Es sei auch „nicht ersichtlich, wie der Staat die Einhaltung solcher Obergrenzen wirksam kontrollieren und durchsetzen könnte“.

Unterdessen ist das Aus für den 500-Euro-Schein seit Anfang Mai beschlossen. Voraussichtlich frühestens Ende 2018 werden keine 500er mehr in Umlauf gebracht. Begehrlichkeiten nach einer vollständigen Abschaffung des Bargeldes wies Weidmann zurück. Er halte „die Abschaffung des Bargelds für kein sinnvolles Instrument, um die Geldpolitik zu beflügeln“. Es gehe vielmehr darum, das Wachstum im Euroraum zu stärken. Die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) sei derzeit angemessen, sagte Weidmann, betonte jedoch zugleich: „Das derzeitige geldpolitische Umfeld erfordert keine weiteren Lockerungen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...