Politik

EU-Staaten blockieren Kampf gegen Steuer-Oasen

Lesezeit: 2 min
18.06.2016 00:35
Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich im Kampf gegen das Steuerdumping gegenseitig neutralisiert. Damit ist eine Verschärfung der Regeln vom Tisch. Die USA dürften die weiche Haltung der EU als Argument verwenden, ihre Position als Weltmarktführer bei Steuer-Oasen auszubauen.
EU-Staaten blockieren Kampf gegen Steuer-Oasen

Der Rat der EU-Finanzminister hat sich am Freitag nicht auf eine Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung einigen können. Die ATAD- Richtlinie soll die Möglichkeiten von Großunternehmen einschränken, ihre Steuerbelastung kleinzurechnen. Bis Montagnacht haben die Regierungen nun Zeit, einen neuen Kompromissvorschlag der niederländischen Ratspräsidentschaft abzulehnen ('silent procedure').

Die auf dem Tisch liegenden Maßnahmen bleiben deutlich unter den Vorschlägen der EU-Kommission, die nun schon seit Monaten von Mitgliedsländern verwässert werden. Der neue Kompromissvorschlag ist in wichtigen Punkten sogar noch schwächer als das von der G20 längst verabschiedete Paket gegen Steuervermeidung BEPS (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD. Im Bereich Besteuerung erlässt der Rat Rechtsakte einstimmig und das Europäische Parlament darf lediglich eine Stellungnahme abgeben.

Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kommentiert:

'Die Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidung wird ihrem Namen nicht gerecht. Die Finanzminister haben den bereits enttäuschenden Vorschlag der EU-Kommission mit der Axt zurechtgeschnitzt. Der ATAD- Kompromissvorschlag bleibt in wichtigen Punkten sogar hinter dem G20- Beschluss gegen Steuervermeidung ('BEPS') zurück. Die EU lädt damit andere Länder wie die USA geradezu ein, BEPS ebenso schwach umzusetzen.

Die Vorschriften für ausländisch beherrschte Unternehmen sollen Gewinnverlagerungen nur aus dem Sitzland des Mutterunternehmens verhindern. Die Begrenzung steuerlich abzugsfähiger Zinszahlungen soll nicht für bereits bestehende Kredite gelten. Die europäischen Regierungen meinen es nicht ernst mit der Bekämpfung von Steuerdumping.

Ein Fortschritt gegenüber BEPS wäre die Switch-over Klausel gewesen, die die Besteuerung von Zahlungsströmen aus Steueroasen in die EU sicherstellen soll. Doch diese sinnvolle Regelung scheiterte am Widerstand von Malta, Großbritannien, Schweden, Zypern, Lettland, Polen, Irland und Estland.

Malta, Belgien, Österreich, Slowenien und Litauen verhinderten gemeinsam ein Inkrafttreten strenger Regeln zur Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen vor 2019. Länder, die 'ähnliche' Gesetze bereits haben, sollen für die Anpassung an die strengeren Regeln bis 2024 Zeit bekommen. Insbesondere Belgien stellte sich heute quer und weigerte sich, überhaupt ein Start-Datum festzulegen.

Doch auch die übrigen Länder tragen eine Verantwortung für das Scheitern des heutigen Finanzministertreffens. Insbesondere Deutschland und Frankreich haben es nicht geschafft, die anderen Länder von der Notwendigkeit konkreter und sofortiger Maßnahmen zu überzeugen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble lässt sich von kleinen Staaten, allen voran Malta und Belgien, auf der Nase herumtanzen und schaut zu, wie Steuerdumping vor der eigenen Haustür munter weitergeht. So wie die Vorschriften für ausländisch beherrschte Unternehmen jetzt gestrickt sind, gelten Tochtergesellschaften mit lediglich einem Angestellten nicht als künstliche Steuergestaltung.

Beim gleichen ECOFIN akzeptierten die Mitgliedsländer, dass Frankreich und die Niederlande bereits getroffene Vereinbarungen zu Patentboxen hintertreiben. Beide sozialdemokratischen Finanzminister wollen ihre Steuervorteile für Großunternehmen nicht fristgerecht an die internationalen und europäischen Vereinbarungen anpassen ('modified nexus approach').'

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Chef sieht Zinssenkungspfad unklar und plädiert für digitalen Euro
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Boom bei Gründungen von KI-Startups in Deutschland
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, entstehen in Deutschland gerade unzählige KI-Startups. Im...

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Preiskrieg in China: Volkswagen im harten Wettbewerb der Elektroauto-Branche
24.04.2024

Volkswagen, lange Zeit der unangefochtene Marktführer in China, sieht sich nun einem intensiven Wettbewerb um den Elektroautomarkt...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber im Aufschwung: Das Gold des kleinen Mannes holt auf
24.04.2024

Silber hinkt traditionell dem großen Bruder Gold etwas hinterher. In den letzten Wochen hat der Silberpreis massiv zugelegt. Was sind die...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Frauen in Tech-Berufen: Deutliches Ungleichgewicht trotz wachsender Nachfrage
24.04.2024

Der Frauenanteil in Berufen in den Bereichen Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik ist laut einer Studie niedrig....

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsverschuldung auf Rekordhoch: Steuerzahlerbund schlägt Alarm!
24.04.2024

Der Bund Deutscher Steuerzahler warnt: Ohne Kehrtwende droht der fiskalische Abgrund, trotzdem schöpft die Bundesregierung das...