Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat die EU scharf angegriffen und ein Referendum über die Fortsetzung der Beitrittsgespräche seines Landes ins Spiel gebracht. Erdogan warf der EU nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwochabend in Istanbul vor, die Türkei im Beitrittsprozess hinzuhalten, weil sie ein mehrheitlich muslimisches Land sei. Das habe ihm sogar ein ehemaliger französischer Außenminister in Anwesenheit von Ex-Premier Ahmet Davutoglu wortwörtlich bestätigt.
Der Staatspräsident sprach zudem über die Möglichkeit einer Volksabstimmung nach dem Beispiel Großbritanniens, bei dem die Türken über eine Fortsetzung der Beitrittsgespräche mit der EU abstimmen könnten. „Wir könnten fragen, sollen die Gespräche mit der Europäischen Union fortgesetzt werden oder nicht.“
Erdogan erhob erneut schwere Anschuldigungen gegen Europa. Der Streit um das Flüchtlingsabkommen und die Visumfreiheit für Türken habe gezeigt, dass die EU nicht vertrauenswürdig sei, sagte er. „Ihr haltet Eure Versprechen nicht. Ihr seid nicht ehrlich. Eben das ist Euer hässliches Gesicht. Weil Erdogan dieses hässliche Gesicht entlarvt, dreht Ihr durch.“ Deswegen sei die EU bestrebt, ihn „loswerden“ zu wollen.
Erdogan warf EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vor: „Du kennst das türkische Volk nicht.“ Die Türken seien nicht auf EU-Visumfreiheit oder das Rücknahmeabkommen angewiesen. „Ihr seid im Moment im wahrsten Sinne des Wortes hinter der Türkei her. Ihr denkt, wenn die Türkei ihre Türen öffnet und diese Flüchtlinge in Richtung Europa marschieren, was wird dann aus uns.“
Zudem sagte Erdogan, dass es nicht zu einem Brexit kommen werde. Das Ganze sei ein Schauspiel, das auf dem Rücken der Türke ausgetragen werde. Zuvor hatten die Brexit-Befürworter eine Kampagne gegen die Türkei gestartet, berichtet die Financial Times. Sie wollen die Briten von einem Brexit überzeugen, indem sie davor warnen, dass andernfalls Millionen von Türken nach Großbritannien kommen würden, falls die Türkei EU-Mitglied wird.