Politik

Buchmacher Brexit: Wenige hohe Wetten treiben Spekulation

Buchmacher sehen die Chancen eines EU-Verbleibs Großbritanniens bei etwa 80 Prozent. Die Art, wie die Quote bestimmt wird, ist jedoch in die Kritik geraten: Demnach signalisieren wenige hohe Wetten eine Zustimmung für einen Verbleib, obwohl die Mehrheit auf einen Austritt setzt.
23.06.2016 12:31
Lesezeit: 1 min

Britische Buchmacher geben die Chancen eines Verbleibs Großbritanniens in der EU derzeit mit etwa 80 Prozent an. Der Mechanismus, mit dem die Quoten ermittelt werden, ist zuletzt jedoch in die Kritik geraten: denn die Mehrheit der Wetten wird auf einen Austritt gesetzt, was bedeutet, dass auch die Mehrheit der Wettenden auf einen Austritt spekuliert. Die Quote verleitet jedoch zu der Annahme, dass die überwältigende Mehrheit der Wettenden auf einen Verbleib setzt.

Der Grund für das Missverhältnis besteht darin, dass die Wetten auf einen Verbleib im Schnitt etwa fünfmal so hoch ausfallen wie Wetten auf einen Austritt. Wetten auf einen Austritt – die dem Buchmacher Ladbrokes zufolge über 60 Prozent aller Wetten ausmachen – belaufen sich auf durchschnittlich 75 Pfund. Die durchschnittliche Höhe einer Wette auf einen Verbleib betrage jedoch rund 450 Pfund, so Ladbrokes.

Der Finanzblog Zerohedge erklärt den massiven Unterschied mit dem Wirken einer kleinen Anzahl an Personen, die enorm hohe Beträge einsetzen und so die Quoten beeinflussen. Die Tasache, dass hohe Wetten den Quotenverlauf stark beeinflussen können, wurde vom Chef der politischen Abteilung von Ladbrokes eingeräumt: „Wir haben heute Morgen eine Wette über 25.000 Pfund auf einen Verbleib erhalten, die dazu beigetragen hat, die Quoten in diese Richtung zu bewegen“, wird Matthew Shaddick von Zerohedge zitiert. Am Mittwoch gab Ladbrokes die durchschnittlichen Wetten auf einen Verbleib mit rund 376 Pfund und jene auf einen Austritt auf rund 72 Pfund an.

Da die Quoten der Buchmacher eine Grundlage darstellen, auf denen Investoren ihre Entscheidung treffen, spekuliert Zerohedge auf wirtschaftliche Interessengruppen, die die Märkte mit Wetten manipulieren. „Eine einfache, wenn auch sehr zynische Erklärung, ist die Folgende: wohlhabende Finanzinvestoren wie Banken und reiche Personen – all jene die ein Interesse daran haben, dass Großbritannien in der EU bleibt – setzten viel höhere Beträge, obwohl ihre Anzahl viel geringer ist als die Wetten auf einen Austritt. Und indem die Öffentlichkeit sieht, dass die Quoten der Buchmacher für einen Verbleib sprechen, kippt das öffentliche Sentiment auf die Seite eines Verbleibs – auch wenn die große Mehrheit der Wetten auf einen Austritt abzielt.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Sanierung bleibt trotz Rekordminus auf Kurs
03.07.2025

Baywa steckt tief in den roten Zahlen – doch der Sanierungsplan bleibt unangetastet. Der traditionsreiche Konzern kämpft mit Altlasten,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Seltene Erden: China kontrolliert deutsche Industrie
03.07.2025

Die deutsche Industrie gerät zunehmend in die Abhängigkeit Chinas, weil Peking bei seltenen Erden den Weltmarkt kontrolliert....

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung für Verbraucher: "Fatales Signal"
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....