Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sieht keine Notwendigkeit für eine erneute Lockerung der Geldpolitik in der Euro-Zone nach dem Brexit-Votum. "Die Geldpolitik ist bereits sehr expansiv ausgerichtet und es wäre fraglich, ob eine noch expansivere Ausrichtung überhaupt stimulierende Wirkung hätte", sagte Weidmann am Freitagabend laut Redetext bei einer Veranstaltung in München. Die nun entstandene Krise sei eine politische Krise, die auch politisch gelöst werden müsse.
Dem Bundesbank-Präsidenten zufolge wird Großbritannien am deutlichsten die wirtschaftlichen Auswirkungen des Austritts aus der Europäischen Union (EU) spüren. "Aber auch im Euro-Raum könnte der Brexit die Konjunktur leicht bremsen." In Deutschland müsse ebenfalls mit einem Dämpfer gerechnet werden. Das Vereinigte Königreich ist der drittgrößte Kunde deutscher Exporteure nach den USA und Frankreich.
An den Finanzmärkten hat die Entscheidung der Briten zu heftigen Turbulenzen geführt. Das Pfund brach ein und Aktien britischer Geldhäuser wie der Royal Bank of Scotland (RBS) oder Barclays mussten kräftig Federn lassen. Die Zentralbanken erklärten sich bereit, zusätzlich Liquidität zur Verfügung zu stellen, um Engpässe in der Geldversorgung von Banken zu verhindern. "Bisher war das nicht notwendig", sagte Weidmann, der es für "gut möglich" hält, dass die Finanzmärkte nun eine längere Phase erhöhter Unsicherheit durchlaufen.
Wie andere Top-Notenbanker forderte auch Weidmann, die Phase der Unsicherheit nach dem Brexit-Votum möglichst kurz zu halten. "Viel hängt deshalb davon ab, dass jetzt zügig und vernünftig über das zukünftige Verhältnis von EU und Vereinigtem Königreich verhandelt wird - zum Wohle beider Seiten." An Handelshemmnissen könne keine Seite Interesse haben.