Politik

EU und EZB bereiten Banken-Rettung in Italien vor

Nun erlaubt die EU Italien Staatshilfen im Umfang von 150 Milliarden Euro für heimische Banken. Begründet wird diese Freigabe als „Vorsichtsmaßnahme“. Parallel dazu verdichten sich Hinweise, die EZB könne in Betracht ziehen, asymmetrisch mehr italienische Staatsanleihen zu kaufen.
04.07.2016 00:54
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bisher verlangte Italien die Aufweichung der „Bail-in“-Regeln beim Abwickeln maroder Banken. Diesem Ansinnen hatte zuletzt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eine Absage erteilt. Um strauchelnde italienische Banken am Leben zu erhalten, bewilligte die EU staatliche Liquiditäts-Garantien in Höhe von 150 Milliarden Euro, befristet bis Ende des Jahres.

Die Liquiditätsgarantien für „solvente Banken sei eine Vorsichtsmaßnahme“, die von Italien beantragt wurden, bestätigte ein EU-Beamter in einer Mail, wie Bloomberg berichtete. Es gäbe jedoch keine Erwartungshaltung, „für eine Notwendigkeit, diese [Liquiditätshilfen] zu verwenden“ so die Kommission. Die Banken-Hilfen wurden am 26. Juni unter der Bedingung der Anonymität genehmigt und erst jetzt öffentlich gemacht.

Auf Italiens Banken lasten faule Kredite in Höhe von rund 360 Milliarden Euro. Zuletzt hatte die Regierung versucht, die größten Banken des Landes zu einem gemeinsamen Fonds für die schwächsten Banken zu überzeugen. Doch dieser Fonds umfasst gerade einmal 4,25 Milliarden Euro. Und hiervon sind schon 50 Prozent für Kapitalerhöhungen bei zwei angeschlagenen Volksbanken reserviert. Für eine Erhöhung des Fonds konnten die Investoren – darunter die Großbank Intesa Sanpaolo – nicht überzeugt werden.

Stattdessen plante die Regierung, die Banken des Landes mit 40 Milliarden Euro an frischem Kapital zu versorgen. Hierzu wollte sie die EU um Ausnahmen bei den Bail-in-Regeln bitten. Jedoch hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble darauf bestanden, dass die von der EU beschlossenen Bail-In-Regeln angewendet werden müssen.

Darüber hinaus wurde bekannt, dass die EZB in Betracht ziehen könnte, asymmetrisch mehr italienische Staatsanleihen zu kaufen. Im Klartext: Die bisherigen Kapitalschlüssel für das EZB-Kaufprogramm von Staatsanleihen (QE) könnten sinken. Denn der Kapitalschlüssel bezieht sich darauf, zu welchem Anteil bei jedem einzelnen Eurozonen-Mitglied unter dem QE-Programm Staatsschulden gekauft werden. Würde eine Aussetzung des Schlüssels erfolgen, wäre das Programm quasi „neu eröffnet“ und könnte im aktuellen Kontext helfen, die Rekapitalisierung der italienischen Banken zu finanzieren, ohne dass dies öffentlich bekannt wird – also mithin: unter dem Radar. Fände dies statt, wäre es eine konzertierte Aktion, außer Kontrolle und jenseits von Transparenz.

Der unabhängige Finanzexperte Achim Dübel von Finpolconsult, der unter anderem die EU-Kommission in der Banken-Krise beraten hat, betont hierzu, dies würde bedeuten, „dass asymmetrisch mehr italienische Staatsanleihen gekauft werden könnten, wobei man das offizielle Argument verwenden könne, dass deutsche und französische zu niedrig rentieren. Ein inoffizieller Grund für ein Ende der seinerzeit von Deutschland erzwungenen symmetrische Kaufpolitik könnte sein, dass die Erträge der Banken in Deutschland, die hohe Anteile von deutschen Staatskrediten halten, insbesondere die Landesbanken, stark unter den EZB-Käufen gelitten haben und die Banken dringend wieder höhere Renditen brauchen“.

In der Folge „eröffnet das aber einen Spielraum für höhere italienische Staatsverschuldung wegen der privaten Investoren- bzw. Banken-Rettung, wenn die EZB mehr kauft. Dagegen sollte das Bundesfinanzministerium vorgehen. Sinnvoll wäre die Ankündigung einer asymmetrischen Kaufpolitik vor allem als Vorsichtsmaßnahme gegen eine neuerliche Eskalation der Eurokrise. Das Vorbild wäre Draghis 'whatever it takes' des Jahres 2012, eine Ankündigung, mit der er den spanischen Staatsanleihenmarkt als flankierende Maßnahme zu den parallel erstmals eingeführten Gläubigerbeteiligungsmaßnahmen bei spanischen Banken stabilisierte“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Solarförderung – Reiches Pläne sorgen für Gegenwind
11.08.2025

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) will die staatliche Förderung für neue kleine Solaranlagen streichen. Der...

DWN
Politik
Politik Betriebliche Altersvorsorge: Reform der bAV - das soll sich per Gesetz bei der Betriebsrente ändern
11.08.2025

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) soll die zweite Säule der Rente neben der gesetzlichen und der privaten Vorsorge sein. Leider ist...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Berentzen gibt nicht auf – Streit mit Paulaner um Spezi-Design eskaliert
11.08.2025

Im Rechtsstreit um das Spezi-Getränk zwischen dem niedersächsischen Getränkehersteller Berentzen und Paulaner startet die nächste...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mercedes-Aktie kämpft schwer – Einblicke vom Konzernchef
11.08.2025

Mercedes-Benz meldete zuletzt einen deutlichen Gewinneinbruch. Konzernchef Ola Källenius spricht von einem komplexen Umfeld und benennt...

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Sektor nicht nur Nvidia: Wo Anleger Wachstumspotenzial finden können
11.08.2025

KI ist mehr als Nvidia – doch ohne Strom, Daten und Infrastruktur droht der Hype zu platzen, warnt Kapitalmarktprofi Mantvidas Žėkas...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie nach 5-Jahrestief volatil: Wie geht es weiter und welche Rolle spielen die US-Börsen?
11.08.2025

Die Novo Nordisk-Aktie zeigt sich zum Start in die neue Handelswoche volatil. Nach einer Abstufung der UBS war das Papier des dänischen...

DWN
Politik
Politik Rutte warnt: Trump testet Putin – droht Frieden über Köpfe der Ukrainer hinweg
11.08.2025

NATO-Chef Mark Rutte lobt Donald Trump für dessen Gipfel mit Wladimir Putin – doch hinter den Kulissen wächst in Europa die Sorge vor...

DWN
Politik
Politik Merz erklärt Teilstopp der Rüstungsexporte an Israel – Praxis wohl kaum betroffen
11.08.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz hat den angekündigten Teilstopp von Rüstungsexporten an Israel näher erläutert. Laut einem internen Papier...