Finanzen

Draghis Magie verblasst: EZB stößt mit Anleihe-Käufen an Grenzen

Lesezeit: 1 min
09.07.2016 02:13
Die Zahl verfügbarer Staatsanleihen, welche die EZB ankaufen darf, sinkt weiter. Mittlerweile rentieren fast ein Drittel aller Euro-Anleihen unter dem negativen EZB-Einlagenzins und dürfen deswegen nicht gekauft werden. Eine Aufweichung der Regeln würde die Vergemeinschaftung der Risiken zwischen den Staaten erleichtern.
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Nach dem Brexit-Votum muss die Europäischen Zentralbank (EZB) immer mehr Staatsanleihen für ihr Anleihen-Kaufprogramm ausschließen. Mittlerweile sind fast ein Drittel aller von der Bonität her geeigneten Papiere wegen zu niedriger Zinsen für sie tabu, wie Daten der Handelsplattform Tradeweb am Donnerstag zeigten. Die Entscheidung der Briten für einen EU-Ausstieg hatte den Rückgang der Renditen zuletzt beschleunigt. Von Euro-Staatsanleihen im Gesamtumfang von 7,4 Billionen Euro rentieren laut Tradeweb inzwischen 31,45 Prozent unter dem Einlagenzins von aktuell minus 0,4 Prozent. Mitte Juni - und damit vor dem Brexit-Votum - waren es nur 22 Prozent.

Auch der Anteil der Staatstitel mit einer Rendite unter Null nahm deutlich zu. Er liegt den Daten zufolge mittlerweile bei 55 Prozent nach 43 Prozent im vergangenen Monat. Die Notenbanken des Währungsraums dürfen im Rahmen des großen EZB-Kaufprogramms nur Titel mit Laufzeiten zwischen zwei und 30 Jahren erwerben, die nicht niedriger rentieren als der aktuelle Einlagenzins von minus 0,4 Prozent. Manche Analysten rechnen damit, dass die EZB bald vor Engpässen steht, sollte sie die Eckpunkte ihres Kaufprogramms nicht noch verändern.

Auch bei den Währungshütern werden inzwischen mögliche Knappheitsprobleme diskutiert, wie aus dem EZB-Protokoll der Zinssitzung von Anfang Juni in Wien hervorgeht. Darin wird auf mögliche Schwierigkeiten bei manchen Staatsanleihen hingewiesen, „was zu erhöhten Preisschwankungen beitragen könnte.“ Manche Investoren hatten deshalb zuletzt spekuliert, die EZB könnte am Grundgerüst ihres auf 1,74 Billionen Euro angelegten Kaufprogramms Änderungen vornehmen. „Das könnte die EZB womöglich dazu zwingen, mehr höherrentierende Anleihen von Spanien und Italien zu erwerben“, sagt auch Frederic Ducrozet, Volkswirt bei der Schweizer Privatbank Pictet.

Die EZB müsste dann allerdings ein zentrales Element ihres Kaufprogramms aufweichen. Bislang orientiert sie sich bei den Bondkäufen von 80 Milliarden Euro monatlich an ihrem Kapitalschlüssel. Dies bedeutet, dass mehr Anleihen jener Länder aufgekauft werden, die der Notenbank mehr Eigenkapital zur Verfügung stellen. Die Konstruktion trägt auch vielen Bedenken der Bundesbank gegen Staatsanleihenkäufe Rechnung. Denn sie ist so gewählt, dass vor allem die nationalen Notenbanken das Risiko möglicher Verluste bei ihren Staatsanleihen tragen. Insidern zufolge wollen die Währungshüter derzeit an diesem Grunddesign festhalten. Erst würden andere Stellschrauben geprüft, sagten mit den Überlegungen der EZB vertraute Personen unlängst der Nachrichtenagentur Reuters.

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