Politik

Türkei: Erdogan ruft Bevölkerung zu weiteren Protesten auf

Lesezeit: 2 min
16.07.2016 12:36
Die türkisch Regierung hat erklärt, sie habe die vollständige Kontrolle über das Land. Doch die Lage bleibt unklar: Präsident Erdogan rief die Bevölkerung auf, auf der Straße zu bleiben, da mit einem Wiedaufflammen der Kämpfe gerechnet werden müsse. Am Samstag gab es noch vereinzelt Kampfhandlungen.
Türkei: Erdogan ruft Bevölkerung zu weiteren Protesten auf

Nach dem Putschversuch in der Türkei hat die Regierung nach eigenen Angaben wieder die volle Macht im Land übernommen. Die Lage sei "vollständig unter Kontrolle", sagte Ministerpräsident Binali Yildirim am Samstag. Bei schweren Gefechten wurden in der Nacht mehr als 260 Menschen getötet. Mehr als 2800 Armeeangehörige wurden als mutmaßliche Putschisten festgenommen. Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte die Bevölkerung auf, wachsam zu bleiben.

Erdogan forderte die Bevölkerung auf, auf der Straße zu bleiben. Es müsse mit einem "Wiederaufflammen" des Aufstands gerechnet werden, warnte er im Kurzbotschaftendienst Twitter laut AFP.

Am Morgen waren weiterhin vereinzelte Feuergefechte in Ankara und Istanbul zu hören. Regierungstreue Kampfjets schossen ein von Putschisten gekapertes Kampfflugzeug ab. Am Samstagmorgen griffen Kampfjets Panzer der Putschisten an, die am Präsidentenpalast in Ankara aufgefahren waren. Ministerpräsident Yildirim wies die regierungstreuen Streitkräfte an, die Flugzeuge und Hubschrauber in den Händen der Putschisten abzuschießen.

Eine Gruppe von Militärs hatte am Freitagabend verkündet, die Macht in der Türkei übernommen zu haben. Die Putschisten riefen das Kriegsrecht aus und verhängten eine Ausgangssperre. In Ankara und Istanbul kam es zu Gefechten. Dabei wurden laut Yildirim 161 Zivilisten und Sicherheitskräfte getötet. Nach Angaben des Militärs wurden außerdem 104 Putschisten getötet.

Mehr als 1440 Menschen wurden verletzt, wie Yildirim in Ankara mitteilte. Er bezeichnete den Putschversuch einen "Schandfleck für die türkische Demokratie". Der amtierende Armeechef Ümit Dündar drohte den Gegnern der Regierung in den Streitkräften mit harter Vergeltung. Dündar war von der Regierung als kommissarischer Generalstabsschef eingesetzt worden, nachdem Putschisten Armeechef Hulusi Akar vorübergehend in ihre Gewalt gebracht hatten.

Erdogan machte die Anhänger des islamischen Predigers Fethullah Gülen für den Umsturzversuch verantwortlich und drohte, sie würden "einen hohen Preis für diesen Verrat zahlen". Gülen wies die Anschuldigung vehement zurück und verurteilte den Putschversuch.

In der Nacht zum Samstag hatten in den größeren Städten des Landes tausende Menschen gegen den Putschversuch protestiert. An einer der beiden teilweise gesperrten Bosporus-Brücken in Istanbul eröffneten Soldaten in der Nacht das Feuer auf demonstrierende Regierungsanhänger. Auch auf dem Taksim-Platz schossen Soldaten auf Gegner des Putschversuchs, hier gab es ebenfalls Verletzte.

Im Zentrum von Ankara waren heftige Explosionen und Schüsse zu hören, während Kampfflugzeuge und Militärhelikopter über der Stadt kreisten. Medienberichten zufolge wurde das Parlament aus der Luft angegriffen.

Erdogan hielt sich zu diesem Zeitpunkt in Istanbul auf. Er hatte seinen Urlaub am Mittelmeer abgebrochen und flog zum Atatürk-Flughafen in der Bosporus-Metropole, wo er von jubelnden Anhängern empfangen wurde. Der Staatschef warf den Putschisten vor, kurz nach seiner Abreise sein Hotel in Marmaris bombardiert zu haben.

International wurde der Putschversuch scharf verurteilt. US-Präsident Barack Obama stellte sich hinter Erdogan und forderte ein Ende des Blutvergießens. Auch die Bundesregierung und die EU sicherten der Regierung in Ankara ihre Unterstützung zu. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) rief den Krisenstab der Bundesregierung zusammen, wie aus dem Auswärtigen Amt verlautete.

Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow äußerte sich besorgt. Der Konflikt in der Türkei stelle ein Risiko für die "internationale und regionale Stabilität dar", erklärte er.

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Trotz Exportbeschränkungen: Deutsche Exporte in den Iran gestiegen
19.04.2024

Deutsche Exporte in den Iran trotzen geopolitischen Spannungen: Anstieg trotz EU- und US-Sanktionen. Welche Kritikpunkte gibt es in diesem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wie viel Immobilie kann ich mir 2024 leisten?
18.04.2024

Wie günstig ist die aktuelle Marktsituation für den Erwerb einer Immobilie? Auf welche Haupt-Faktoren sollten Kaufinteressenten momentan...

DWN
Politik
Politik G7-Gipfel auf Capri: Militärische Signale für Ukraine und Nahost
18.04.2024

Inmitten eskalierender Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten kommen die G7-Außenminister auf Capri zusammen, um gemeinsam Strategien...

DWN
Politik
Politik Russische Agenten in Bayern festgenommen: Sabotagepläne aufgedeckt
18.04.2024

Zwei Russland-Deutsche sollen für einen russischen Geheimdienst spioniert haben. Einer der beiden soll sich auch zur Durchführung von...

DWN
Politik
Politik Kampf am Himmel: Ukrainische Verteidiger unter Druck
18.04.2024

Die militärische Lage der Ukraine verschlechtert sich weiter. Es fehlen Mittel, Soldaten und Luftabwehrsysteme, um sich gegen neue...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Halving: Die nächste Evolutionsstufe im digitalen Geldsystem
18.04.2024

Am 20. April 2024 ist es wieder soweit: Das nächste Halving steht vor der Tür. Doch um was geht es bei diesem Event, auf das die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Wirtschaftsstandort Deutschland: 7 Maßnahmen, die den Wohlstand sichern
18.04.2024

Kein Wirtschaftswachstum, Fachkräftemangel, Bürokratie und hohe Energiekosten: Die deutsche Wirtschaft hat viele Baustellen. Im aktuellen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch verhandelt über Stellenabbau: Fokus auf Alternativen und Standortsicherung
18.04.2024

Bosch will massiv Stellen streichen, um im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dagegen gingen zuletzt Tausende...