Politik

Gericht: Deutschland darf Flüchtlinge nicht nach Ungarn abschieben

Der Verwaltungsgerichtshof in Baden-Württemberg hat die Abschiebung eines Syrers nach Ungarn untersagt. Dort erwarte den Asylbewerber eine unmenschliche Behandlung. Das Gericht bricht damit die formell in Europa geltende Dublin II-Verordnung.
18.07.2016 12:32
Lesezeit: 1 min

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg hat die Abschiebung eines syrischen Asylbewerbers nach Ungarn untersagt. Bereits 2014, als der Syrer über Ungarn nach Deutschland eingereist war, sei das ungarische Abschiebehaftsystem „in so erheblichem Maße mängelbehaftet gewesen“, dass dem Kläger dort beim Stellen eines Asylantrags „unmenschliche und erniedrigende Behandlung“ gedroht hätte, heißt es in einem am Montag in Mannheim veröffentlichten Urteil, wie AFP berichtet.

Damit ist die Bundesrepublik laut Urteil zuständig für den Syrer und kann sich nicht auf die sogenannte Dublin-II-Verordnung berufen: Nach europäischem Recht soll das Asylverfahren grundsätzlich in dem EU-Land eingeleitet werden, in das ein Flüchtling als erstes einreisten. Die Dublin-II-Verordnung der EU sieht daher vor, dass Flüchtlinge, die weiterreisen, wieder in das erste Land abgeschoben werden.

Bei einem gewaltsamen Streit in einem Flüchtlingslager in Ungarn sind unterdessen mehrere Menschen verletzt worden. Rund 20 Asylbewerbern seien bei dem Vorfall am Sonntag im Lager von Kiskunhalas an der Grenze zu Serbien mit den Fäusten aufeinander losgegangen und hätten später auch Möbel gegeneinander eingesetzt, sagte der Regierungsberater Gyorgy Bakondi am Montag der Nachrichtenagentur MTI. 200 Polizisten seien nötig gewesen, um für Ruhe zu sorgen.

Laut Bakondi erlitten neun Flüchtlinge nicht lebensbedrohliche Verletzungen, acht mussten zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden. Das Lager von Kishunhalas ist eines von drei geschlossenen Lagern, in denen Flüchtlinge bis zur Entscheidung über ihre Asylgesuche festgehalten werden. Laut der Flüchtlingsrechtsgruppe Ungarisches Helsinki-Komitee waren im Juni geschätzte 740 Flüchtlinge in den Lagern untergebracht.

Ungarn stand wegen der harten Behandlung von Flüchtlingen wiederholt in der Kritik von Menschenrechtsgruppen. Ungarns nationalkonservativer Ministerpräsident Viktor Orban hatte im Herbst die südliche Grenze mit einem Stacheldrahtzaun abgeriegelt und damit die Zahl der Flüchtlinge, die vom Balkan über das Land nach Zentral- und Nordeuropa reisten, drastisch reduziert. Zuletzt stieg die Zahl jedoch wieder an.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Erkennen Sie schnell instabile Li-Ion-Batterien

Brady Corporation bietet eine neue, kostengünstigere Lösung an, um instabile Li-Ion-Batterien im Lager schnell und einfach zu erkennen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Weltwirtschaftsforum in Davos beendet: Wie Trump das WEF-Treffen dominierte
24.01.2025

Beim Weltwirtschaftsforum geht es eigentlich darum, die Welt mit mehr Handel und Kooperation zusammenzuführen. Doch das Treffen der...

DWN
Politik
Politik Merz drängt auf Asylwende: "Werden diese Anträge einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt“
24.01.2025

CDU-Kanzlerkandidat Merz will eine Kehrtwende in der Asylpolitik und dafür Anträge zur Eindämmung der illegalen Migration im Bundestag...

DWN
Technologie
Technologie Energieimport Deutschland: 80 Milliarden Euro für fossile Brennstoffe!
24.01.2025

Energieimport Deutschland: Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen kostet das Land astronomische Summen, während gleichzeitig die...

DWN
Politik
Politik Wen soll ich wählen 2025? Die Folgen der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg
24.01.2025

Wen soll ich wählen bei der Bundestagswahl 2025? Diese Frage stellen sich gerade Millionen Deutsche. Einige wissen die Antwort bereits,...

DWN
Finanzen
Finanzen Erben und Vererben - steuerliche Aspekte im Überblick
24.01.2025

Erbschaften und Schenkungen sind in Deutschland nicht nur mit emotionalen, sondern auch mit steuerlichen Herausforderungen verbunden....

DWN
Politik
Politik Trump gibt Selenskyj Kriegsmitschuld: "Hätte das nicht tun müssen"
24.01.2025

Für Donald Trump liegt die Verantwortung für die Eskalation des Ukraine-Kriegs auch beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj....

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Betrug: Nur 22 Prozent der Unternehmen schützen sich
24.01.2025

KI-Betrug wird 2025 zur größten Bedrohung für Unternehmen. Deepfakes und andere KI-gestützte Betrugstechniken nehmen in Deutschland und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fachkräftemangel hausgemacht? Zu viele Akademiker, zu wenig Azubis - Deutschland braucht eine Reform der Berufsausbildung
24.01.2025

Zu viele Jugendliche studieren, zu wenige streben in die Ausbildung. Die Unternehmen sehen einen Veränderungsbedarf bei der...