Politik

Luxemburg fordert harte Strafen gegen Enthüllungs-Journalist

Die Luxemburger Staatsanwaltschaft ist gegen ein Urteil zum LuxLeaks-Prozess in Berufung gegangen. Offenbar strebt sie härtere Strafen gegen einen Journalisten und zwei Whistleblower an, welche die dubiosen Steuerpraktiken des Fürstentums offengelegt haben. Kritiker sprechen von einem Anschlag auf die Pressefreiheit.
03.08.2016 22:59
Lesezeit: 1 min

Im Verfahren um die Enthüllungen im „LuxLeaks“-Skandal geht die Luxemburger Staatsanwaltschaft in Berufung gegen das Ende Juni ergangene Urteil. Zwei ehemalige Mitarbeiter der Unternehmensberatung PwC, Antoine Deltour und Raphaël Halet, waren damals zu zwölf beziehungsweise neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

Sie wurden für schuldig befunden, zehntausende Dokumente über dubiose Steuerpraktiken multinationaler Konzerne in Luxemburg weitergegeben zu haben. Der ebenfalls angeklagte Reporter Edouard Perrin wurde freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte 18 Monate Haft für Deltour und Halet gefordert. Die Verteidigung beantragte hingegen Freisprüche für alle drei Franzosen und begründete dies damit, dass sie der Allgemeinheit einen Dienst erwiesen hätten.

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft, das Urteil anzufechten, betrifft insbesondere Perrin. Die beiden anderen Enthüller waren ihrerseits bereits in Berufung gegangen.

Die ehemaligen PwC-Mitarbeiter hatten fast 30.000 Dokumente entwendet, die enthüllen, wie Luxemburg Großkonzernen bei der Vermeidung von Steuerzahlungen in Milliardenhöhe half. Sie gaben sie an Perrin weiter. Der Journalist berichtete im Mai 2012 als erster darüber, ohne dass dies großes Aufsehen erregte. Erst die „LuxLeaks“-Enthüllungen des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ knapp zwei Jahre später sorgten europaweit für Wirbel.

Durch die Enthüllungen wurde bekannt, dass hunderte Unternehmen mit Luxemburg für sie teils äußerst vorteilhafte Steuerabsprachen getroffen hatten. Diese erlaubten es ihnen, ihre Steuern in dem Großherzogtum auf teils ein Prozent zu drücken und damit in anderen Ländern Steuern zu sparen. Zu den Konzernen gehörten unter anderem Apple, Ikea und Pepsi.

Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, kritisiert die Entscheidung zur Berufung scharf:

Das ist ein dreister Angriff auf die Pressefreiheit. Luxemburg will noch härtere Strafen gegen die LuxLeaks-Whistleblower Antoine Deltour und Raphaël Halet und vor allem den Journalisten Edouard Perrin. Die beiden Helden der Steuergerechtigkeit haben mehr im Kampf gegen Steuerdumping erreicht als 20 Jahre europäischer Politik. Es gehört zur Berufsbeschreibung von Journalisten, geheime Informationen zu verbreiten und mit Hinweisgebern zu arbeiten. Es ist unerträglich, dass

die Whistleblower überhaupt bestraft wurden. Die Berufung der Luxemburger Justiz ist jedoch der Gipfel der Ungerechtigkeit. Offensichtlich sieht die Luxemburger Justiz den Freispruch für den Journalisten Perrin als Standortnachteil für den Finanzplatz.

Der skandalöse Prozess zeigt, dass wir dringend einen europäischen Schutz von Whistleblowern in ganz Europa brauchen. Es ist nicht akzeptabel, dass Europa mutige Bürger im Regen stehen lässt, die große persönliche Nachteile im Interesse des Gemeinwohls auf sich genommen haben. Die EU-Kommission muss direkt nach dem Sommer eine Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern vorlegen, wie es das Europaparlament mehrfach parteiübergreifend gefordert hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...

DWN
Politik
Politik Trump kündigt Erklärung zu Russland an – neue Dynamik oder taktisches Manöver?
11.07.2025

Ein Treffen in Malaysia, neue russische Vorschläge und Trumps Ankündigung einer großen Russland-Erklärung: Zeichnet sich eine Wende im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Wichtigste Kryptowährung setzt Rekordjagd fort – was das für Anleger bedeutet
11.07.2025

Der Bitcoin-Kurs ist auf ein historisches Allzeithoch gestiegen und über die Marke von 118.000 US-Dollar geklettert. Wie geht es weiter...