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Schweiz droht Atomausstieg zu verfehlen

Die Energiestrategie 2050 sieht einen rapiden Ausstieg aus der Atomenergie vor. Doch es gibt nicht ausreichend Alternativen für den Strom. Importe könnten nötig werden.
20.10.2016 13:37
Lesezeit: 1 min

Im Zuge der Ereignisse von Fukushima hat nicht nur Deutschland einen neuen Weg in Sachen Kernenergie eingeschlagen. Auch die Schweizer Politik entschied sich für einen Atomausstieg. Doch es zeigt sich, dass hier möglicherweise vorschnell gehandelt wurde. Die „Energiestrategie 2050“ sieht vor, dass bis 2035 alle Kernkraftwerke der Schweiz abgestellt werde sollen.

Ein Blick auf die bis jetzt gebauten und noch geplanten neuen Windräder und Solaranlagen zeigt jedoch, dass die gänzliche Abschaltung der Werke nicht möglich sein würde, wenn die Schweiz sich weiterhin selbst hauptsächlich mit Strom versorgen soll. Zwar sollen 2035 mehr als 500 Windraftanlagen gebaut und etwa 50km² mit Photovoltaik-Anlagen gepflastert werden, „die bis dahin zugebauten, erneuerbaren Energiequellen, schwergewichtig Photovoltaik- und Windkraftanlagen, könnten aber dannzumal selbst im günstigsten Fall nur rund ein Drittel des Nuklearstroms ersetzen“, so der Think Tank Avenir Suisse.  Um die Stromversorgung sicherzustellen, müssten also Stromimporte und nationale Gaskraftwerke aushelfen. „Die CO2-Bilanz des im Inland konsumierten Stroms würde sich verschlechtern, was mit Blick auf die Emissionsziele der Schweiz durch weitere Lenkungsmaßnahmen in anderen Energiebereichen aufgefangen werden müsste.“

Zusätzlich dazu dürften weitere Subventionen für die Erneuerbaren Energien die Staatskassen belasten. Zwar sind die Produktionskosten der Wind- und Photovoltaikanlagen gesunken, doch die in Europa und besonders in Deutschland verbreiteten Subventionen für Erneuerbare Energien hätten generell zu einem künstlich tiefen Preisniveau im Großhandel geführt. Viele Anlagen sind noch immer nicht ausreichend rentabel, wichtige Investitionen wurden aufgeschoben. Es drohe daher ein Teufelskreis der Subventionen.

Der Versuch, staatlich eine Technologiewende herbeizuführen, ist dem Think Tank zufolge ein riskantes Spiel. Vor allem dann, wenn bisher wenige Großkraftwerke den Strom produzierten, aber eine stärkere Dezentralisierung gefordert sei. Tatsächlich müsste neben den zu erwartenden Subventionen auch mit höheren Kosten durch neue Anforderungen an den Netzausbau gerechnet werden. „Gleiches gilt für die Kosten der Zwischenspeicherung des nicht bedarfsgerecht anfallenden Sonnen- und Windstroms.“ In beiderlei Hinsicht gehe die „Energiestrategie 2050“ – analog zur Wirtschaftlichkeitsentwicklung von Erneuerbaren Energien – von optimistischen Annahmen aus. Staatlich verordnete „Technologiewenden“ seien daher besonders in infrastrukturlastigen Sektoren riskante und potenziell sehr kostspielige Wissensanmaßungen.

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