Politik

Deutschland und Frankreich treiben Idee einer EU-Armee voran

Deutschland und Frankreich treiben den Aufbau einer EU-Armee voran. Die Chancen dafür stehen nach dem Austritt der Briten nicht schlecht: London hatte die Idee stets blockiert, um eine eigenständige Einheit neben der Nato zu verhindern. Für die Konzentration der Kräfte sprechen erhebliche Synergie-Effekte für die nationalen Haushalte.
13.09.2016 01:26
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Als Antwort auf den Austritt Großbritanniens aus der EU wollen Deutschland und Frankreich die Zusammenarbeit der restlichen 27 EU-Staaten im Bereich Verteidigung vorantreiben. In der finalen Fassung des Papiers der beiden Verteidigungsministerien, das Reuters am Montag vorlag, streben beide eine engere gemeinsame EU-Verteidigungspolitik an. Gefordert werden etwa ein gemeinsames und permanentes EU-Militärhauptquartier und eine gemeinsame Satellitenaufklärung.

Die deutsch-französischen Vorschläge sind schon vor einiger Zeit von der EU selbst lanciert worden. In einem Strategiepapier des bei EU-Präsident Jean-Claude Juncker angesiedelten Think Tanks EPSC heißt es:

"Wenn wir mit weniger Geld mehr erreichen müssen, ist eine schrittweise Verteidigungsintegration unsere beste - und einzige - Option. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat im Europawahlkampf eine Stärkung Europas in Sicherheits- und Verteidigungsfragen angemahnt. In seinen im Juli 2014 dem Europäischen Parlament vorgestellten politischen Leitlinien hat er ausgeführt, dass „auch die stärkste Soft Power langfristig nicht ohne ein Mindestmaß an integrierten Verteidigungskapazitäten auskommen kann“, und hat als nächste Schritte eine Integration von militärischen Fähigkeiten, mehr Synergien bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern und die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit genannt. Sein nachdrückliches Plädoyer für eine Europäische Armee als langfristiges Projekt derjeningen Mitgliedstaaten, die dazu bereit sind, hat eine notwendige Debatte entfacht."

Die Vorschläge sind Grundlage für das Gipfeltreffen der EU-27-Regierungschefs in Bratislava am Freitag. Dort soll debattiert werden, wie die Union ohne Großbritannien weiter arbeiten will. "Die Verteidigung der Europäischen Staaten ist für den Schutz der EU-Bürger und die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union als Ganzes von großer Bedeutung", heißt es in dem Papier von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian.

Deutschland, Frankreich und Italien hatten bereits kurz nach dem Brexit-Votum der Briten gefordert, die EU müsse ihre Zusammenarbeit bei der inneren und äußeren Sicherheit, in der Wirtschaftspolitik und der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit verstärken. Vor den Verteidigungsministern hatten bereits die Innenminister Deutschlands und Frankreichs gemeinsame Vorschläge vorgelegt. Die Verteidigungsminister betonen nun, dass ohne Großbritannien eine gemeinsame europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Angriff genommen werden sollte. Die Regierung in London hatte eine engere Kooperation jahrelang verzögert - auch mit Blick auf eine mögliche Konkurrenz zur Nato. Bis Dezember soll geklärt werden, welche EU-Staaten sich der deutsch-französischen Initiative anschließen wollen.

In dem deutsch-französischen Papier wird vorgeschlagen, dass die Staaten Europas bei Beschaffung und Logistik zusammenrücken sollen sowie ihre Politik in Fragen der Finanzierung und Militärplanung synchronisieren. Vorgeschlagen werden auch ein gemeinsames EU-Sanitäts- und ein Logistikkommando. Neu ist die Idee einer europäischer Offiziersschule beziehungsweise europäische Lehrgänge an nationalen Schulen. Die industrielle Zusammenarbeit im Militärsektor soll ausgebaut werden. Beide Länder plädieren dafür, mit afrikanischen Staaten neue Partnerschaften einzugehen.

In den vergangenen Tagen haben bereits Länder wie Ungarn oder Tschechien eine gemeinsame europäische Armee gefordert. Außenminister Frank-Walter Steinmeier will sich am Dienstag in Riga mit seinen drei baltischen Kollegen beraten. Auch dabei geht es nach Angaben eines Außenamtsprechers um die Frage, wie man militärisch enger zusammenarbeiten könne.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr: Rüstung auf dem Papier – Defizite auf dem Feld
29.06.2025

Die Bundeswehr bleibt trotz 100-Milliarden-Sondervermögen kaum einsatzfähig. Es fehlt an Ausrüstung, Personal und Struktur. Ist das...

DWN
Politik
Politik Experte fürchtet politischen Schock in Europa: „Es ist tatsächlich beängstigend“
28.06.2025

Europa taumelt: Rechte Parteien sind auf dem Vormarsch, Frankreich droht der Machtwechsel. Experte Rahman warnt: Das „Trump-Moment“...

DWN
Technologie
Technologie Neue Technologien am Körper: Gehirnimplantate, künstliche Intelligenz, elektronische Tattoos
28.06.2025

Hightech greift immer direkter in den menschlichen Körper ein. Ob Gehirnimplantate, elektronische Tattoos oder künstliche Intelligenz...

DWN
Politik
Politik Machtverlust oder Wendepunkt? Irans Zukunft nach dem Konflikt
28.06.2025

Nach dem militärischen Schlagabtausch mit Israel steht der Iran politisch und gesellschaftlich unter Druck. Zwischen Machtkonsolidierung,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen So gelingt der Einstieg: KI im Personalwesen mit System etablieren
28.06.2025

Künstliche Intelligenz erobert Schritt für Schritt das Personalwesen. Deutschland liegt im europäischen Vergleich weit vorne – doch...

DWN
Politik
Politik Familienkonzern Trump: Wie der Präsidenten-Clan Milliarden scheffelt
28.06.2025

Die Trump-Familie vermischt Politik und Profit wie nie: Während Donald Trump das Weiße Haus beherrscht, expandieren seine Söhne mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenausblick 2025: Drohen jetzt heftige Kursbeben?
28.06.2025

Die Sommermonate bringen traditionell Unruhe an den Finanzmärkten. Mit Trump im Weißen Haus steigen die Risiken zusätzlich. Erfahren Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden für heiße Luft: Ex-OpenAI-Chefin kassiert ohne Produkt
28.06.2025

Ein Start-up ohne Produkt, eine Gründerin mit OpenAI-Vergangenheit – und Investoren, die Milliarden hinterherwerfen. Der KI-Hype kennt...