Politik

In Deutschland lebt rund eine halbe Million abgelehnter Asylbewerber

Lesezeit: 2 min
22.09.2016 14:56
Etwa eine halbe Million Migranten leben in Deutschland, obwohl ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Die größten Gruppen kommen aus der Türkei, Serbien und dem Kosovo. Rechtliche Gründe verhindern die Abschiebung. Die CSU fordert eine Änderung der Gesetze, Pro Asyl protestiert.
In Deutschland lebt rund eine halbe Million abgelehnter Asylbewerber

Jan Dörner von der AFP analysiert die große Zahl der in Deutschland lebenden Migranten, deren Asylgesuche abgelehnt wurden, die aber trotzdem im Land geblieben sind:

In Deutschland leben nach Angaben der Bundesregierung fast 550.000 abgelehnte Asylbewerber. Mehr als drei Viertel von ihnen haben allerdings ein zumindest befristetes Aufenthaltsrecht. Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte es daher als "Stimmungsmache", dass die CSU angesichts der Zahlen verschärfte Abschiebereglungen forderte.

Am Stichtag 30. Juni 2016 hielten sich in Deutschland 549.209 abgelehnte Asylbewerber auf, wie die Bundesregierung in einer am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Antwort auf eine Anfrage der Linken im Bundestag mitteilte. Fast drei Viertel davon leben bereits seit mehr als sechs Jahren in Deutschland.

Knapp die Hälfte der abgelehnten Asylbewerber hat ein unbefristetes Aufenthaltsrecht. Ein weiteres Drittel verfügt über ein befristetes Aufenthaltsrecht. Die größte Gruppe stammt den Angaben zufolge mit rund 77.660 aus der Türkei. Es folgen abgelehnte Bewerber aus dem Kosovo (68.549) und aus Serbien (50.817).

Dass Asylbewerber trotz eines abgelehnten Antrags nicht abgeschoben werden, kann eine Reihe von Gründen haben. Häufig werden die Flüchtlinge von ihrem Herkunftsland nicht mehr aufgenommen - das ist insbesondere bei den Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko ein Problem. Ein Abschiebungshindernis liegt auch vor, wenn ein Flüchtling keine Papiere besitzt. Zudem können gesundheitliche Probleme der Grund für einen Verbleib in Deutschland sein.

Der Vizevorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Friedrich (CSU), forderte mit Blick auf die Zahlen eine Reform der Abschieberegeln. "Wer zulässt, dass abgelehnte Asylbewerber dem Staat derart auf der Nase herumtanzen, zerstört das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates", sagte Friedrich der "Bild"-Zeitung. "Die Rechtsvorschriften müssen dringend geändert werden."

Der CDU-Abgeordnete Stephan Harbarth verwies darauf, die Zahl von einer halben Million abgelehnte Asylbewerber in Deutschland sei "nicht die Bilanz von zwei oder drei, sondern die Summe von 40 Jahren". Auch er sprach sich dafür aus, die Zahl der Rückführungen zu steigern. "Ein großes Hindernis ist, dass sich zahlreiche Herkunftsstaaten de facto rechtswidrig weigern, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen", beklagte Harbarth, ebenso wie Friedrich einer der Vizevorsitzenden der Unionsfraktion. "Es gilt, den Druck auf diese Staaten massiv zu erhöhen."

Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, kritisierte hingegen, es gebe in Deutschland eine "regelrechte Abschiebeverhinderungsindustrie". Er warf "Anwälten und Organisationen wie Pro Asyl" vor, die rechtmäßige Rückführung abgelehnter Asylbewerber "systematisch" zu verhindern, sagte Wendt der "Bild"-Zeitung.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt reagierte empört auf die Vorwürfe. "Es gibt eine üble Stimmungsmache, um ein Klima zu erzeugen, damit Menschen abgeschoben werden, die nicht abgeschoben werden dürfen", sagte Burkhardt AFP. "Wenn abgelehnte Asylbewerber ein legales Aufenthaltsrecht haben, steht das im Widerspruch zu der Unterstellung, sie würden zu Unrecht in Deutschland sein."

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

DWN
Politik
Politik In Österreich liegt die FPÖ in allen Umfragen auf Platz 1
10.06.2023

Hierzulande herrscht helle Aufregung über den starken Zuwachs der AfD. Doch in Österreich liegt die FPÖ in allen Umfragen auf Platz 1...

DWN
Deutschland
Deutschland Spekulanten machen mit E-Autos Kasse
10.06.2023

In Deutschland machen Spekulanten mit E-Autos Kasse. Der Steuerzahler finanziert die Gewinn-Margen der Händler teilweise mit.

DWN
Politik
Politik Kuba wird neuer Spionage-Stützpunkt Chinas
09.06.2023

Das Verhältnis zwischen China und den USA hat eine neue dramatische Wendung erfahren. China soll gerade dabei sein, auf Kuba eine...

DWN
Finanzen
Finanzen China erhöht Goldbestände den siebten Monat in Folge
09.06.2023

Chinas Zentralbank hat im Mai ihre Goldreserven weiter aufgestockt. Zugleich gingen die chinesischen Dollarbestände weiter zurück....

DWN
Finanzen
Finanzen Kryptobranche wegen Klagen gegen Binance & Co. alarmiert
09.06.2023

Die Klagen der US-Börsenaufsicht SEC gegen die weltweit größten Kryptobörsen haben die Branche aufgeschreckt. Sie beklagt die...

DWN
Politik
Politik Trump wird laut Anwalt in Geheimdokumenten-Affäre angeklagt
09.06.2023

Gegen Ex-US-Präsident Trump wurde Anklage in der Affäre um geheime Dokumente erhoben. Das sagte sein Anwalt gegenüber verschiedenen...

DWN
Finanzen
Finanzen Forschung: Mehrheit der Finfluencer verbreitet nur „weißes Rauschen“
09.06.2023

Finanz-Influencer geben Anlagetipps an Millionen von Menschen. Doch laut Studien ist bloß eine Minderheit sachkundig.

DWN
Politik
Politik Ukraine: Schwere Gefechte im Süden und Osten des Landes
09.06.2023

Die ukrainische Gegenoffensive nimmt an Fahrt auf. Laut russischen Angaben wird in Gebieten im Süden und Osten der Ukraine erneut heftig...