Politik

Nach Hacker-Angriff: Yahoo-Käufer dürfte Preisnachlass verlangen

Der jüngste Hackerangriff auf Yahoo dürfte dazu führen, dass der Verkauf an Verizon deutlich weniger einbringt als erhofft. Verizon kann nun einen Preisabschlag verlangen, weil 500 Millionen Yahoo-Kunden als verunsichert einzustufen sind. Es ist denkbar, dass viele von ihnen zu einem anderen Anbieter wechseln.
23.09.2016 14:26
Lesezeit: 2 min

Nach Bekanntwerden eines erfolgreichen Hackerangriffs auf mindestens 500 Millionen Nutzerkonten muss die angeschlagene Firmenchefin Marissa Mayer um die vereinbarte Milliardenübernahme durch den US-Telekomriesen Verizon kämpfen. Analysten gehen zwar nicht davon aus, dass der Käufer den Deal abbläst. Es wird allerdings erwartet, dass Verizon nun einen spürbaren Preisnachlass durchsetzen will. Die Verizon-Führung hält sich bedeckt: "Wir werden im Fortgang der Ermittlungen eine Bewertung vornehmen, die sich nach den Gesamtinteressen von Verizon orientiert", hieß es in einer Mitteilung lediglich.

An der Börse wuchsen am Freitag offenbar die Sorgen um Yahoo. Im vorbörslichen New Yorker Handel lagen die Aktien des Unternehmens 2,5 Prozent im Minus.

Sicherheitsfachleute werten die Cyberattacke aus dem Jahr 2014 als neue Eskalationsstufe. "Das ist der größte Datendiebstahl aller Zeiten", sagte der Verschlüsselungsexperte Bruce Schneier. So wurden mehr als drei Mal so viele Informationen geklaut wie bei anderen Großangriffen, etwa auf die Shopping-Plattform Ebay. Schneier betonte, die Auswirkungen auf Yahoo und die Nutzer blieben unklar. Offen sei etwa noch die Frage, wer hinter der Aktion steckt. Das Unternehmen selbst sprach von einem Angreifer, der von einem Staat unterstützt worden sei. In US-Geheimdienstkreisen wurde an ähnliche Attacken erinnert, die auf eine Beteiligung russischer Nachrichtendienste hindeuteten.

Für Yahoo kommt der Angriff zur Unzeit. Erst im Juli hatte die kriselnde Internetfirma mit Verizon die Übernahme ihres Kerngeschäfts für 4,8 Milliarden Dollar vereinbart. Yahoo-Chefin war es zuvor nicht gelungen, das von den Rivalen Google und Facebook an den Rand gedrängte Unternehmen wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Heikel ist, dass der Angriff nach Firmenangaben zwei Jahre lang unbemerkt blieb. Nach Auskunft einer mit der Angelegenheit vertrauten Person wurde Yahoo im August durch Medienberichte auf das Thema aufmerksam gemacht und entdeckte dann in einer eigenen Untersuchung den Datendiebstahl. "Wir haben es zunehmend mit Angriffsmustern zu tun, die sich über viele Monate hinziehen", erläuterte Sicherheitsexperte Marc Fliehe vom deutschen IT-Branchenverband Bitkom. "Die Hacker agieren da sehr vorsichtig. So lässt es sich erklären, dass die Unternehmen manchmal sehr lange brauchen, um professionelle Angriffe zu erkennen."

Verizon gab an, erst vor zwei Tagen von Yahoos Problemen erfahren zu haben. Das wirft die Frage auf, wie der Telekomkonzern die Übernahmevereinbarung inzwischen bewertet. Analyst Robert Peck von der Investmentbank SunTrust Robinson Humphrey geht nicht davon aus, dass Verizon von der Transaktion zurücktreten wird. Möglich sei allerdings, dass der Käufer den Preis um 100 bis 200 Millionen Dollar drücken wolle - abhängig davon, wie viele Nutzer Yahoo den Rücken kehren.

Nach Angaben von Yahoo wurden Daten zu Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Geburtstagen gestohlen, nicht jedoch wertvollere Informationen wie unverschlüsselte Passwörter, Kreditkarten- und Kontodaten. Problematisch könnte für Nutzer aber werden, wenn sie ihre für das Yahoo-Konto genutzten Sicherheitsfragen und -antworten auch für andere Internetseiten verwenden. Denn auch diese Kontrollinformationen hat der Eindringling geklaut. Es gebe keine Hinweise, dass dieser aktuell noch in Yahoos Netzwerk unterwegs sei, teilte die Konzernführung mit. Die US-Bundespolizei FBI ermittelt in der Angelegenheit.

Der Fall Yahoo führt Regierungen und Unternehmen die zunehmenden Gefahren von Cyberangriffen vor Augen. Er könne zu einem Wendepunkt werden in den Bemühungen um bessere Verteidigungsmöglichkeiten, sagte der Sicherheitsexperte Dan Kaminsky. Opfer von besonders starken Attacken waren vor allem Einzelhändler wie Home Depot und Target sowie Krankenversicherer wie Anthem und Premera Blue Cross. "Wenn sich etwas geändert hat, dann ist es das: Diese Angriffe werden mittlerweile öffentlich gemacht", sagte Kaminsky.

Interessant: Im politischen Bereich werden stets ohne jeden Beweis die Russen für Hackerangriffe verantwortlich gemacht. Es ist unklar, wer hinter dem Angriff auf Yahoo steckt. Tatsächlich könnte es viel geben, die ein Interesse an einem Wertverlust des Unternehmens Interesse haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Misserfolg bei Putins Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Die marode Kriegswirtschaft interessiert kaum jemanden
23.06.2025

Das Wirtschaftsforum in St. Petersburg sollte Russlands wirtschaftliche Stärke demonstrieren. Stattdessen offenbarte es die dramatische...

DWN
Politik
Politik Zwangslizenzen: EU hebelt den Patentschutz im Namen der Sicherheit aus
23.06.2025

Die EU will künftig zentral über die Vergabe von Zwangslizenzen entscheiden – ein tiefer Eingriff in das Patentrecht, der die...

DWN
Technologie
Technologie Umfrage: Zwei Drittel für europäischen Atom-Schutzschirm
23.06.2025

Eine Forsa-Umfrage zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen den Aufbau eines europäischen nuklearen Schutzschildes befürworten....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Internationale Anleger kehren der Wall Street den Rücken
23.06.2025

Ölpreise steigen, geopolitische Risiken nehmen zu – und Europas Aktienmärkte wirken plötzlich attraktiv. Während die US-Börsen ins...

DWN
Politik
Politik Personalmangel im öffentlichen Dienst - DGB fordert mehr Personal
23.06.2025

Milliardeninvestitionen sollen in Deutschland die Konjunktur ankurbeln. Doch Personalmangel in Behörden könnte den ehrgeizigen Plänen...

DWN
Politik
Politik Iran-Israel-Krieg: Internet überflutet mit Desinformation
23.06.2025

Falsche Videos, manipulierte Bilder, inszenierte Explosionen: Der Konflikt zwischen Iran und Israel spielt sich längst auch im Netz ab –...

DWN
Politik
Politik Aus Angst vor Trump: China lässt den Iran im Stich
23.06.2025

Chinas harsche Kritik an den US-Angriffen auf Iran täuscht über Pekings wahres Kalkül hinweg. Im Hintergrund geht es um knallharte...

DWN
Politik
Politik US-Angriff auf den Iran: Die Märkte bleiben erstaunlich ruhig
23.06.2025

Trotz der Angriffe auf iranische Atomanlagen bleiben die globalen Märkte ruhig. Doch die Straße von Hormus bleibt ein geopolitischer...