Die Situation bei der Deutschen Bank spitzte sich am Montag zu. Nachdem ein Medienbericht vom Wochenende suggeriert hatte, dass die Bundesregierung im Fall einer drohenden Insolvenz des Geldinstitutes nicht mit Steuergeld einspringen werde, sackte der Aktienkurs um bis zu 7 Prozent ab. Seit Jahresbeginn haben die Titel damit mehr als die Hälfte ihres Werts verloren.
Auch die Preise nachrangiger Anleihen im Gesamtumfang von etwa 1,75 Milliarden Euro – welche nach den geltenden Abwicklungsregeln der EU als erstes beschnitten werden würden, verbilligten sich um 2 Cent auf 73 Cent für den Euro, berichtet Bloomberg. Zudem zogen die Preise für Kreditausfallversicherungen der Bank wieder deutlich an.
Die Bundesregierung gerät durch die Krise bei Deutschlands größtem und wichtigsten Finanzinstitut zunehmend unter Zugzwang. Dabei stehen ihr prinzipiell zwei Wege offen, wie sie vorgehen kann, welche jedoch beide große Nachteile mit sich bringen:
Eine Stabilisierung der Bank durch Steuergelder oder eine (Teil-)Verstaatlichung ist unter den gegenwärtigen EU-Regeln zur Bankenstabilisierung und -abwicklung nicht erlaubt. Es gilt nämlich das Gebot, dass zuerst Gläubiger und Aktionäre der Bank beschnitten werden müssen („Bail-in“), bevor Steuergelder zur Rettung der übrigen Investoren eingesetzt werden dürfen. Die Bundesregierung hatte zudem in der Vergangenheit immer wieder öffentlichkeitswirksam betont, dass sie eine Stabilisierung der angeschlagenen italienischen Banken durch staatliche Zuschüsse der Regierung in Rom ablehne. Eine Rettung der Deutschen Bank mit Steuergeldern würden zudem im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 mit erheblichen politischen Risiken für die Regierungskoalition einhergehen.
Einem Bericht des Focus vom Wochenende zufolge soll Bundeskanzlerin Merkel den Deutsche Bank-Chef Cryan deshalb im Sommer bereits signalisiert haben, dass diese Option nicht in Betracht gezogen würde. Auch eine Einmischung in den schwelenden Rechtsstreit mit dem US-Justizministerium werde es demnach nicht geben.
Am Montag hatte Merkels Sprecher Steffen Seibert gesagt, dass es keinen Grund für Spekulationen über Staatshilfen für die Deutsche Bank gebe. Die Bundesregierung erwarte, dass die Verhandlungen mit dem Justizministerium zu einem „fairen Ergebnis“ kommen werde.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, eine Kapitalerhöhung durchzuführen. Dabei werden neue Aktien ausgegeben, die zum Eigenkapital der Bank gezählt werden. Solange jedoch nicht klar ist, welchen Betrag die Deutsche Bank dem US-Justizministerium als Strafe für Tricksereien mit Hypothekenkrediten überweisen muss, werden sich potentielle Investoren zurückhalten. Der Pressechef der Bank, Jörg Eigendorf, äußerte sich gegenüber den Deutschen Wirtschafts Nachrichten in dieser Frage ablehnend: „Die Frage nach einer Kapitalerhöhung stellt sich derzeit nicht, wir erfüllen alle regulatorischen Kapitalvorgaben.“
Da derzeit noch nicht absehbar ist, wie hoch die Strafe aus den USA ausfallen wird, dürfte die Hängepartie noch weiter andauern. Ein Betrag zwischen 3 und 3,5 Milliarden Dollar lasse der Deutschen Bank gerade noch etwas Raum zur Begleichung anderer anhängiger Strafen, schrieben zuletzt Analysten der US-Großbank JP Morgan. Jede weitere Milliarde würde das Eigenkapital jedoch um 24 Basispunkte verringern. Eine Strafe über 5,4 Milliarden Dollar würde eine Kapitalerhöhung notwendig machen, da die Deutsche Bank etwa 5,5 Milliarden Dollar an Rücklagen zur Begleichung von Rechtsfällen zur Verfügung hat.
„Ich glaube den ganzen Verlautbarungen aus Deutschland nicht, die darauf abzielen, dass die Bundesregierung nicht einspringen würde, wenn die Deutsche Bank in ernste Schwierigkeiten gerät – sie ist zu wichtig für die deutsche Wirtschaft. Letztendlich ist es ein politisches Problem, welches zu einem geringeren Preis gelöst werden wird“, sagte Andreas Utermann von Allianz Global Investors.