Politik

Hedge Fonds: Wetten gegen Spanien versprechen 300% Gewinn

Lesezeit: 1 min
07.04.2012 21:56
Spekulanten beginnen sich auf Spanien einzuschießen. Ihre nüchterne Analyse ergibt viel schlechtere Fundamentdaten als allgemein bekannt. Außerdem glauben sie nicht, dass Europa einen Spanien-Bailout stemmen kann.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Analysten von Carmel Asset Management haben eine Kundenpräsentation vorgelegt, die die Zukunft Spaniens in düsteren Farben malt. So sehen sie das spanische Defizit als viel höher als offiziell zugegeben: Wenn man alle Defizit der Regionen zusammenzählt, kommt man laut Carmel bereits auf bis zu 90 Prozent Staatsschulden.

Eines der Hauptprobleme ist die Immobilien-Blase: Die Spanier haben ein Haus für jeden einzelnen spanischen Bürger gebaut, der in den kommenden zwei Jahrzehnten neu zur spanischen Bevölkerung hinzukommt. Das kann nicht gutgehen – weshalb der Hedge Fonds einen Preisverfall von 35 Prozent im Immobilienmarkt erwartet.

Die spanischen Banken schieben etwa 120 Milliarden Euro an faulen Krediten vor sich her. Noch wurde in keinem Institut eine Wertberichtigung vorgenommen. Außerdem sind die Banken praktisch ohne Ausnahme unterkapitalisiert. Wegen der durch das billige EZB-Geld erzwungenen Ankäufe von Staatsanleihen haben die Banken ihre Schulden und Schrottpapiere nicht reduziert, sondern im Gegenteil neue Risiken angehäuft.

Spanien hat die höchste Arbeitslosigkeit aller Staaten in der entwickelten Welt. Die Wirtschaft ist international nicht wettbewerbsfähig, weil der Arbeitsmarkt massiv von den Gewerkschaften dominiert wird.

All diese Probleme machen aus Carmel-Sicht eine Rettung Spaniens durch die europäischen Rettungsfonds unmöglich: Spanien allein würde 60 Prozent der in EFSF und ESM vorhandenen Mittel in Anspruch nehmen, um gerettet zu werden. Carmel führt als weiteren Unsicherheitsfaktor an, dass Deutschland dem ESM noch nicht zugestimmt hat. An dieser Stelle kann Carmel beruhigt werden: Wenn man eine Umfrage der Deutschen Mittelstands Nachrichten liest, dann werden die Abgeordneten zum Deutschen Bundestag jeder Art von Rettungsschirm zustimmen, weil ihnen das von den Fraktionsvorsitzenden so vorgegeben wird (mehr dazu hier).

Interessant ist jedoch der Aspekt, dass der ESM ja auch auf Zahlungen von Irland, Portugal und Griechenland setzt. Wie diese Staaten allerdings das Geld aufbringen können, ist sehr fraglich: Ihre geplante Rückkehr an die Kapitalmärkte in der nahen Zukunft ist angesichts der weiter schlechten Wirtschaftslage und der drückenden Schuldenlast unwahrscheinlich.

Mit diesem Fundamentdaten stellt sich Spanien jedoch für Carmel als das ideale Spekulationsobjekt dar. Die Analysten erwarten 300 Prozent Gewinn, wenn man nun Kreditausfallversicherungen (CDS) gegen Spanien abschließt. „Pain in Spain“ nennen die Leute von Carmel ihren Plan. Im Falle des Scheiterns Spaniens innerhalb der nächsten zehn Jahre wird sich für Investoren der Fall allerdings zum „Gain in Spain“ entwickeln.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...