Im französischen Wahlkampf hat der noch amtierende Präsident Nicolas Sarkozy eine stärkere Rolle der EZB bei der Bekämpfung der Euro-Krise gefordert. Die EZB solle nicht nur die Geldwertstabilität im Blick haben, sondern das Wachstum in Europa fördern. Sarkozy sagte bei einer Kundgebung am Place de la Concorde: „Wenn die EZB das Wachstum nicht unterstützt, dann wird es kein Wachstum geben. Ich kenne die Schwierigkeiten, die es bei diesem Thema gibt. Aber wir haben die Pflicht, darüber nachzudenken, denn hier geht es um ein größeres Problem, das die Zukunft Europas betrifft.“
Sarkozy sagte: „Europa muss seine Schulden abbauen, da haben wir keine andere Wahl. Aber wir haben auch keine Wahl, uns zwischen Deflation und Wachstum zu entscheiden. Wenn sich Europa für die Deflation entscheidet wird es sterben. Wir, die Franzosen, werden die Debatte über die Rolle der EZB bei der Förderung von Wachstum eröffnen.“
Damit nimmt Sarkozy erstmals eine diametral andere Position als Deutschland an. In der deutschen Lesart ist die Aufgabe der EZB ausschließlich die Kontrolle der Inflation. Noch vor Weihnachten vergangenen Jahres hatten sich die Regierungschefs von Frankreich, Italien und Deutschland darauf verständigt, keine öffentliche Diskussion über die Europäische Zentralbank zu führen. Nun bricht Sarkozy ganz bewusst seine Übereinkunft mit Angela Merkel und Mario Monti.
Der Hintergrund sind die anhaltend schlechten Wirtschaftsdaten in Frankreich (mehr zu Sarkozys Bilanz – hier). Offenbar schwenkt nun auch Sarkozy auf den Kurs seiner linken Herausforderer Hollande und Mélenchon ein. Beide habe angekündigt, die Staatsausgaben weiter zu steigern, um das Wachstum zu stimulieren.
Sarkozy, der jedoch die wahren Zahlen am besten kennt, weiß, dass der französische Haushalt durch Sparprogramme saniert werden muss. Sein Ruf nach der EZB entspricht der französischen Tradition der Geldentwertung zur Krisenbewältigung. Zu Zeiten des Franc hat Frankreich mehrfach Währungsreformen durchgeführt, um aufgelaufene Schulden wegzuspülen.