Politik

Griechenland-Regierung: Nach Scheitern der Linken will nun Venizelos ran

Der Chef der linksextremen Syriza-Partei gestand am Mittwoch sein Scheitern bei der Bildung einer Koalition ein. Nun meldete sich Evangelos Venizelos beim Staatspräsidenten und bat ihn, ihn mit der Bildung einer EU-freundlichen Koalition zu beauftragen.
09.05.2012 23:34
Lesezeit: 1 min

Der ehemalige griechische Finanzminister Evangelos Venizelos ist ein alter Fuchs: Obwohl er mit der sozialistischen PASOK als Dritter bei den Wahlen schwer für die Troika-Sparprogramme abgestraft worden war, könnte er nun doch der nächste griechische Ministerpräsident werden. Denn nach dem Konservativen Samaras gab am Mittwoch auch der Linke Alexis Tsipras zu, dass er keine Koalition zustande bringen werde. Tsipras verwendete die kurze Zeit, da er das Scheinwerferlicht der Weltöffentlichkeit genießen durfte, für markige Sprüche gegen die korrupten griechischen Politiker und die unakzeptablen Sparvorschriften der Troika (hier).

Venizelos hatte Tsipras bei den Sondierungsgesprächen gekonnt auflaufen lassen - und wird nun vermutlich selbst mit der Regierungsbildung beauftragt. Er bot Staatspräsident Papoulias an, eine EU-freundliche Koalition schmieden zu wollen.

Die Chancen, das ihm das gelingt, stehen überraschenderweise gar nicht so schlecht. Denn Samaras und die gemäßigten, EU-freundlichen Parteien, haben bei der Wahl erlebt, dass es Erfolge nur für Linksextreme und Neonazis gibt. Daher könnte der ohnehin eher schwache Samaras nicht abgeneigt sein, seine Eitelkeit hintanzustellen und mit dem Posten eines Vizepremiers vorlieb nehmen. Natürlich hätte er der konservativen Familie gerne die Trophäe mit der Nummer 1 präsentiert. Aber vor die Wahl gestellt, bei einer neuerlichen Neuwahl noch weiter von den Radikalen verdrängt zu werden und am Ende gar wirklich von der Macht ferngehalten zu werden - die Entscheidung für ein angenehmes Leben als zweiter Mann mit sicheren Bezügen aus Brüssel dürfte ihm nicht allzu schwer fallen.

Der spektakuläre Auftritt von Tsipras (hier) dürfte im Grunde das Gegenteil von dem bewirkt haben, was er bezweckte: Seine Attacke gegen PASOK und Nea Demokratia könnte die traditionellen Platzhirschen enger zusammenschweißen. Auch die europafreundlichen Kleinparteien könnten angesichts der drastischen Worte von Tsipras zum Einlenken bereit sein. Ihnen allen ist ein von der EU alimentiertes Griechenland lieber als die Ungewißheit außerhalb der Eurozone.

Dass diese Haltung vermutlich nicht den Willen der Mehrheit der Griechen widerspiegelt, ist angesichts der Vetternwirtschaft, Korruption und Selbstaufgabe gegenüber der EU ohnehin schon seit langem nicht mehr ausschlaggebend für die politischen Prozesse in Griechenland.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...