Finanzen

Analysten: Ohne Bailout hat Spanien keine Chance

Spaniens Lage verschlechtert sich rapide. Zu hoch sind die zu erwartenden Kredit-Ausfälle. Allein die Regierung tut so als sei alles in Ordnung. Um das Loch im Bankensystem zu stopfen, wird das Land denselben Weg gehen müssen wie Irland – ein Bailout ist unausweichlich.
11.05.2012 00:31
Lesezeit: 1 min

Die Regierung forderte die Banken dazu auf, ihre Reserven für den Ausgleich von faulen Krediten von 54 Milliarden Euro auf 166 Milliarden aufzustocken, damit wären den Berechnungen der Bank of Spain zufolge 50 Prozent der potenziell gefährdeten Kredite von Bauunternehmen abgedeckt. Für den möglichen Ausfall der restlichen 1,4 Billionen Euro an Haus- und Körperschaftskrediten bleibt damit allerdings nichts mehr übrig.

Bei Analysten sorgt diese Strategie für Unverständnis. „Wie kann man sich darauf beschränken, über nur eine Art der Immobilienkredite zu sprechen, wenn sich in der gesamten Wirtschaft immer mehr fauler Kredite abzeichnen“, fragt Patrick Lee, Analyst der Bank of Canada für spanische Banken. Er sieht die Lage in Spanien ähnlich wie in Irland. „Irland hat seine eigene Situation in den Griff bekommen, weil es in der Problemlösung aggressiver vorgegangen ist und schließlich auch einen Bailout in Anspruch genommen hat. Ich sehe nicht, wie Spanien das ohne Hilfe von außen bewerkstelligen könnte“ (Nouriel Roubini ist derselben Ansicht - mehr hier).

Dem spanischen Bankensystem geht es schlechter als die Regierung zugeben möchte. Nicht umsonst garantiert die Regierung mit Nachdruck Stabilität (mehr hier). Die Ratingangentur Moody's rechnet mit Ausfällen in Höhe von 306 Milliarden Euro, das Zentrum für Europäische Politikstudien sogar mit bis zu 380 Milliarden.

Das heißt den Berechnungen der Regierung ist bei weitem nicht zu trauen. Um sich wirklich abzusichern, müssten die Banken Rücklagen von 270 Milliarden Euro anhäufen, schätzt das Zentrum für Europäische Politikstudien. Und um das ganze Loch zu stopfen, bleibt Spanien nichts anderes übrig, als denselben Weg wie Irland, Griechenland und Portugal zu gehen und den Crash mit Hilfe der EU zu verhindern.

Auch die irische Regierung hatte lange öffentlich abgestritten, Hilfsgelder der EU in Anspruch nehmen zu wollen. Stattdessen pumpte das Land eigene Milliarden in die Banken, bis auch das nicht mehr möglich war. Im November 2010 wurde Irland dann vom Bailout aufgefangen – und musste im Gegenzug harte Sparprogramme akzeptieren. In beiden Ländern waren und sind die Immobilienkredite das Problem.

Es gibt jedoch einen wichtigen Unterschied, der die spanische Bankenrettung um einiges schwieriger macht. Spanien ist die fünftgrößte Wirtschaft der EU und der spanische Bankensektor ist um ein sechsfaches größer als der Irlands, vielleicht sogar zu groß für einen Bailout.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zukunft unter Druck: Die Wasserstoff-Fabrik von Daimler und Volvo gerät ins Stocken
23.04.2025

Mitten in der Energiewende setzen die Lkw-Riesen Daimler und Volvo auf Wasserstoff – doch der Fortschritt ihres Gemeinschaftsunternehmens...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Apple und Meta im Visier – Brüssel greift hart durch
23.04.2025

Apple und Meta sollen zusammen 700 Millionen Euro zahlen – wegen mutmaßlicher Verstöße gegen das neue EU-Digitalgesetz. Die Kommission...

DWN
Politik
Politik Machtkampf in Washington: Will Trump Fed-Chef Powell stürzen?
23.04.2025

Trump plant möglicherweise die Entlassung von Fed-Chef Jerome Powell – ein beispielloser Schritt, der die Unabhängigkeit der...

DWN
Finanzen
Finanzen „Krise ist die neue Normalität“ – Warum kluge Investoren jetzt gegen den Strom schwimmen müssen
23.04.2025

Volatilität ist kein Ausnahmezustand mehr, sondern System. Warum Investoren jetzt mit Besonnenheit, Disziplin und antizyklischer Strategie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitaler Produktpass: Was die EU plant und was das für Firmen bedeutet
23.04.2025

Die Europäische Union will Ressourcen schonen und Emissionen und Abfälle reduzieren. Dafür plant sie den sogenannten digitalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Bierbrauer in der Krise
23.04.2025

Eigentlich feiern die Brauer am 23. April den Tag des deutschen Bieres. Doch auch in diesem Jahr sind die Perspektiven der Branche eher...

DWN
Politik
Politik Spar- und Investitionsunion: Brüssel will die unsichtbare Zollmauer einreißen – und den Finanzsektor revolutionieren
23.04.2025

Brüssels stille Revolution: Wie Kommissarin Albuquerque den europäischen Finanzmarkt neu ordnen will – und dabei an den Grundfesten der...

DWN
Politik
Politik Putins Frontstopp: Moskaus neues Angebot könnte Trump in die Falle locken
23.04.2025

Putins überraschende Gesprächsbereitschaft trifft auf strategisches Kalkül in Washington – der Westen steht vor einer geopolitischen...