Das die griechischen Regierungen es in den vergangenen Jahren selten erreicht haben, die mit dem Bailout geforderten Maßnahmen umzusetzen, ist nicht neu. Doch diese fehlende Durchsetzungskraft oder auch der fehlende Wille wird immer mehr zum Nachteil der Griechen, die in der Privatwirtschaft arbeiten. Eine der Auflagen war beispielsweise, die Löhne der Griechen zu kürzen, die in staatlichen Unternehmen und Agenturen (D.E.K.O.) arbeiten. Doch genau hier kam es zu keinen Kürzungen, wie die Sonntagszeitung Real News berichtet.
60 Prozent der staatlichen Versorgungsunternehmen und der vom Staat subventionierten Agenturen und Organisationen haben die von der Regierung beschlossenen Lohnkürzungen nicht umgesetzt, so Real News. Unter ihnen befindet sich beispielsweise auch die staatliche Bahnbetriebsgesellschaft TRAINOSE. Und das, obwohl diese Lohnkürzungen im Rahmen von vier Gesetzen bereits vor zwei Jahren vom griechischen Parlament beschlossen wurden, so der griechische blog keeptalkinggreece.com. Weder die Löhne des Managements dieser Unternehmen noch die Löhne der Mitarbeiter in diesen Unternehmen wurden gekürzt.
Doch die griechische Regierung selbst ist ihren Verpflichtungen ebenfalls nicht nachgekommen. In einem Rundschreiben vom 18. November 2011 an alle Ministerien, staatlichen Unternehmen und subventionierte Einrichtungen machte die Regierung deutlich, dass die Subventionen gestoppt werden sollten, wenn die Auflagen nicht umgesetzt würden. Und obwohl die Lohnkürzungen nicht umgesetzt wurden, erhöhte die Regierung um Papademos die Subventionen für die staatlichen Unternehmen und vom Staat subventionierten Agenturen und Organisationen von 610 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 760 Millionen Euro im Jahr 2012. Die Regierung selbst scheint also nicht einmal die Umsetzung der Gesetze kontrolliert zu haben.
In Griechenland scheint dementsprechend mit zweierlei Maß gemessen zu werden. In der Privatwirtschaft sind die Gesetze diesbezüglich nämlich tatsächlich größtenteils umgesetzt worden. Nach den aktuellen Daten des Organs der Arbeitsaufsicht SEPE (Ministerium für Arbeit und Sozialfürsorge) sanken die Löhne für 9,3 Prozent der Beschäftigten im privaten Sektor in den ersten sechs Monaten des Jahres 2012 um 23,7 Prozent. 44.122 der Vollzeit-Arbeitsverträge wurden in flexible Arbeitsverträge umgewandelt – was verglichen mit dem 1. Halbjahr 2011 einer Zunahme der flexiblen Arbeitsverträge um 45,3 Prozent entspricht. Und ganz abgesehen davon, arbeiten tausende Griechen in der Privatwirtschaft seit Monaten und erhalten nur einen Teil ihres Gehaltes oder teilweise auch gar kein Geld (hier).
Angesichts dieser Zustände bei den staatlichen Unternehmen und subventionierten Organisationen hat nun der stellvertretende Finanzminister, Dimitris Staikouras, detaillierte Informationen über den aktuellen Stand dieser Lohnsituation zu erhalten. Immerhin kehrt ja auch die Troika am Dienstag nach Griechenland zurück und die Stimmung im IWF ist alles andere als positiv (der IWF will keine Finanzhilfe mehr geben – hier).