Die erste Frage auf der mit Spannung erwarteten Pressekonferenz von Spaniens Regierungschef Rajoy und Bundeskanzlerin Merkel zielte auf die Anschuldigungen der Korruption ab, denen sich der spanische Regierungschef ausgesetzt sieht. Rajoy zeigte sich unbeeindruckt und blieb diplomatisch: Die Regierung werde stark bleiben und die Anschuldigungen gegen sie überstehen. Wichtige Reformen seien bereits eingeleitet. Noch im Februar wolle Rajoy weitere Impulse für die Wirtschaft setzen.
Die Vorwürfe wiegen jedoch schwer: Gegen den spanischen Premierminister wird wegen illegaler Parteienfinanzierung, Geldwäsche und Bestechung ermittelt. Rajoy soll insgesamt 250.000 Euro aus schwarzen Kassen erhalten haben (mehr hier). Auf Protestaktionen in Spanien wurde heute der Rücktritt Rajoys gefordert (hier). Auf seinem Staatsbesuch in Deutschland erhielt er jedoch die Rückendeckung der Bundeskanzlerin.
Angela Merkel bekundete ihrem spanischen Amtskollegen ihre Solidarität aus: „Wir haben vollstes Vertrauen in die spanische Regierung“, sagte sie auf der Pressekonferenz. Sie habe den Eindruck, dass die gesamte Regierung daran arbeite, die Arbeitslosigkeit zu senken und die Strukturreformen umzusetzen. Nach aktuelle Zahlen gerät die Lage in Spanien jedoch immer mehr außer kotrolle. Aktuell liegt die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien bereits bei 60 Prozent – Tendenz steigend (hier).
Der Schulterschluss Deutschlands mit Spanien soll die Solidarität der beiden Euro-Staaten bekunden und die Wogen auf den Finanzmärkten glätten (mehr hier). Im Hinblick auf die Bundestagswahlen am 22. September wäre ein Sturz Rajoys für Merkel aufgrund der zu erwartenden Turbulenzen und der politischen Unberechenbarkeit nicht wünschenswert. Zusätzlich steht Spanien kurz vor einem Bailout durch die EU. Ein Scheitern der Regierung könnte das Land nicht nur wirtschaftlich, sondern vorübergehend auch politisch außer Gefecht setzen.