Politik

EU enteignet Bank-Kunden: Gesetz am Sonntag, am Montag ist das Geld schon weg

Lesezeit: 1 min
16.03.2013 14:21
Der Schuldenschnitt in Zypern ist die Blaupause für die weitere Euro-Rettung: Freitag am frühen Morgen erfolgt in Brüssel der Beschluss zur Enteignung. Darauf wird das Online-Banking gesperrt. Am Sonntag folgt das formale Gesetz auf nationaler Ebene. Am Montagmorgen ist die Zwangsabgabe schon vom Konto abgezogen.
EU enteignet Bank-Kunden: Gesetz am Sonntag, am Montag ist das Geld schon weg

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Damit in Zypern eine Staatspleite vermieden werden kann, werden den Bankkunden Teile ihrer Guthaben genommen. Bei Einlagen unter 100.000 Euro werden 6,75 Prozent des Guthabens abgezogen, bei höheren Summen sind es sogar 9,9 Prozent. Diese Enteignung soll etwa 5,8 Milliarden Euro einbringen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem nach der Einigung der EU-Finanzminister am Samstag in Brüssel. Die Aktion war offenbar von langer Hand geplant, und wurde knallhart exekutiert: Am Montag ist in Zypern ein Bankenfeiertag, da wird die Steuer eingezogen. Wenn die Kunden am Dienstag zur Bank kommen, ist das Geld schon weg. Am Samstag konnten die Zyprioten kein Geld mehr an den Bankomaten abheben. Wer sich nicht zufällig am Freitag mit Bargeld eingedeckt hatte, konnte am Samstag an kein Geld mehr kommen.

So ging es bei der Beschlussfassung Schlag auf Schlag: Am Freitag erklärte Währungskommissar Olli Rehn: „Zypern ist systemrelevant.“ Am Samstag teilte der französische Finanzminister, Pierre Moscovici, via Twitter mit: „Die Eurogruppe hat ihre Mission erfüllt.“ EZB-Mann Jörg Asmussen zur Durchführung: „Bevor die Banken wieder öffnen, wird die Abgabe abgezogen.“

Die Bank-Kunden werden kalt enteignet: Sie können der  Solidaritätsabgabe nicht entrinnen. Der fällige Betrag werde ab sofort auf den Konten eingefroren, sagte Asmussen. Über den Rest des Geldes auf ihren Konten dürfen die Bürger frei verfügen. Für die russischen Oligarchen ist der Deal ausgezeichnet, sie sparen im Vergleich zu den Griechen (mehr hier). Für kleine Sparer, die sich jeden Euro vom Mund absparen müssen und die mit der Krise nichts zu tun haben, ist es eine böse Überraschung.

Dijsselbloem sagte, die Lastenverteilung sei sehr sorgfältig geprüft worden. Das Hilfspaket, das Zypern nun erhalten soll, hat einen Umfang von bis zu zehn Milliarden Euro. Ohne die Unterstützung der Euroländer und des IWF hätte Zypern die Staatspleite gedroht, weshalb das Land der Enteignung der Bankkunden letztlich zustimmte.

Asmussen versuchte auch gleich, die Europäer im Süden zu beruhigen: In anderen Euro-Ländern drohe ein solches Vorgehen nicht.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag zum Handelsstart mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europäische Unternehmen sehen düstere Aussichten in China
10.05.2024

Die jährliche Geschäftsklimaumfrage der EU-Handelskammer in Peking zeigt, dass europäische Unternehmen ihre Wachstumschancen in China so...