Unternehmen

EU-Arbeitsmarkt gescheitert: Pflegeberufe suchen Fachkräfte in China

Lesezeit: 2 min
09.04.2013 01:09
Der gemeinsame EU-Arbeitsmarkt ist gescheitert: Die Arbeitsagenturen suchen händeringend nach Mitarbeitern in Pflegeberufen. Weil sich nicht genug EU-Bewerber finden, wird nun in China und auf den Philippinen gesucht. Und das, obwohl die Jugend-Arbeitslosigkeit in einigen Euro-Staaten 50 Prozent beträgt.
EU-Arbeitsmarkt gescheitert: Pflegeberufe suchen Fachkräfte in China

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Kliniken und Altenheime klagen: Die Gesellschaft altert, und um den Alten ein Leben in Würde zu ermöglichen, steigt der Bedarf an Pflegekräften. Derzeit fehlen rund 18.000 Pflegekräfte, so die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit im März (auch in anderen Bereichen fehlen Fachkräfte - hier). In der Gesundheits- und Krankenpflege gebe es mehr als 8.000 offene Stellen und etwa 10.000 in der Altenpflege.

Fachkräfte aus Asien werden angeworben

„Auf Dauer reicht es nicht aus, nur in Europa nach Fachpersonal zu suchen“, sagte die ZAV-Direktorin Monika Varnhagen der FAZ. Deshalb begebe man sich derzeit auf die Suche nach Personal in China und auf den Philippinen. So versuche man derzeit, in China mit einem Pilotprojekt in Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeberverband Pflege 150 Pfleger anzuwerben. Seit April werden diese in der Provinz Shandong auf ihren neuen Arbeitsplatz in Deutschland vorbereitet. Auf den Philippinen soll dasselbe geschehen, so Varnhagen.

Nicht genug Bewerber aus der EU

Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit vor allem mit Blick auf die Jugendarbeitslosigkeit in den Peripherie-Ländern der EU zeigt die Lage, dass der erhoffte gemeinsame Arbeitsmarkt in Europa gescheitert ist.

Schließlich liegt die Jugendarbeitslosigkeit beispielsweise in Spanien, bei über 50 Prozent. Auch in Griechenland, Zypern und Portugal sieht es mitnichten besser aus (in der Eurozone allgemein liegt die Quote bei 24 Prozent – hier). Einerseits wäre Pflegepersonal aus dem EU-Ausland der deutschen Sprache sicher schneller mächtig als Fachkräfte aus dem Ausland. Andererseits stehen diese Deutschland kulturell auch näher als Pfleger aus China oder von den Philippinen.

Auch Angela Merkels Forderung, dass die europäische Jugend mehrere Sprachen lernen möge, ist ungehört verhallt (mehr hier).

Nicht einmal Geld hilft: Die EU hatte beim letzten Gipfel beschlossen, die hohe Arbeitslosigkeit unter der jungen EU-Bevölkerung mit finanziellen Mitteln und neuen Programmen zu bekämpfen. So würden beispielsweise etwaige Umschulungen bzw. Zusatzausbildung für diejenigen, die einen Job suchen, aber nicht in der Pflege ausgebildet sind, doch sogar näher liegen, als Fachkräfte aus Asien anzuwerben. Der EU-Sozialkommissar Laszlo Andor sprach sich erst im März für eine Jobgarantie für Jugendliche in Europa aus und forderte „Junge Menschen müssen bereit sein, ihre Heimatregion zu verlassen“ (hier).

Probleme liegen und der Struktur und der Bezahlung

Nur 56 Pflegekräfte vermittelte die ZAV nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr aus dem europäischen Ausland. „Trotz EU-Freizügigkeit sind nur wenige Pflegefachkräfte aus Ländern wie Polen, Tschechien, der Slowakei oder Ungarn gekommen“, erklärte der Sprecher des Arbeitgeberverbands Pflege, Steffen Ritter, der FAZ. Hindernisse seien vor allem der hohe bürokratische Aufwand bei der Berufsanerkennung, fehlende Deutschkenntnisse und die sehr stark auseinander klaffenden Regelungen in den verschiedenen Bundesländern. Doch genau das sind auch Hindernisse, mit denen Pflegekräfte aus China und den Philippinen zu rechnen hätten.

Als weiteren Grund für die mangelnden Fachkräfte aus dem EU-Ausland gibt Ritter die schlechte Bezahlung in Deutschland an. Unter dieser leiden allerdings auch die Fachkräfte aus Deutschland.

Dieser Umstand hält viele Berwerber aus Europa ab, und er wird auch von vielen Jugendlichen als Grund angegeben, lieber über staatliche Transfers, weitere Universitäts-Aufenthalte und andere fremdfinanzierte Beschäftigungen ein Auskommen zu finden.

Dass die Arbeit in einem Pflegeberuf hart ist, ist einer doch sehr hedonistisch gewordenen Gesellschaft erst recht nicht als Wert zu vermitteln.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nachhaltigkeit als Schlüsselfaktor für Unternehmenserfolg
01.05.2024

Die Studie „Corporate Sustainability im Mittelstand“ zeigt, dass der Großteil der mittelständischen Unternehmen bereits Maßnahmen...