Deutschland

Der Weg zur Knechtschaft: 9.300 Milliarden Euro Banken-Schulden

Die Banken in Südeuropa haben mit Hilfe des billigen EZB-Geldes die Staaten gerettet. Nun geht allen die Puste aus und er zeigt sich: Die Rettungsschirme sind viel zu klein. Daher müssen die Sparer und Steuerzahler ran. Mit einer Banken-Union wollen die Südstaaten ihre Spielschulden internationalisieren. Höre, Deutschland, die Signale!
16.04.2013 04:12
Lesezeit: 4 min

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Das panische Drängen der Südeuropäer auf eine Bankenunion hat einen simplen Grund: Mit dem billigen EZB-Geld (1 Prozent Zinsen) haben die Banken Südeuropas die Schrott-Staatsanleihen ihrer Staaten gekauft, die 5 Prozent Zinsen bringen. Als Sicherheit haben sie die Staatsanleihen an die EZB weitergereicht. Nun steht das System vor dem Kollaps. Der ESM mit 700 Milliarden Euro kann die Banken nicht retten. Die Rettung kann nur über die privaten Bank-Guthaben und die Steuerzahler kommen.

Als im Juni 2012 der Bundestag (mit 493 Ja-Stimmen, 106 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen) die Billigung des ESM-Vertrages beschloss, war längst klar, dass der besagte „Rettungsschirm“ eine direkte Bankenkapitalisierung mit einschloss. Zwar soll dem ESM-Bankenrettungsfonds eine Aufsicht vorangehen. Doch inzwischen ist klar, dass die Bankschulden in der Euro-Zone nur zu einem Bruchteil von Seiten des ESM und damit des Steuerzahlers übernommen werden können.

Deshalb ist nun eiligst eine Bankenunion mit einem europaweiten Einlagensicherungsfonds vorgesehen. Diese soll die Schulden internationalisieren, sprich: auf Deutschland abwälzen. Doch darüber gibt es inzwischen Streit. Schäuble sagte vor kurzem in Dublin, dass eine Bankenunion mit einer gemeinsamen Einlagen-Sicherung nur möglich sei, wenn die europäischen Verträge geändert werden, anderenfalls bestünde die Gefahr, dass das Bundesverfassungsgericht einen solchen Beschluss kippen könnte (hier).

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat auf dem Augsburger SPD-Parteitag gesagt:

„Nie wieder dürfen systemrelevante Banken ein solches Erpressungspotenzial haben, dass den Regierungen gar nichts anderes übrig bleibt, als die Steuerzahler als Garanten in letzter Instanz heranzuziehen. Nie wieder darf es dieses Erpressungspotenzial geben.

Ein frommer Wunsch – doch leider völlig irrelevant.

Denn die Erpressung ist systemimmanent: Sie drückt sich in den Zahlen aus, die Banken und Politik verursacht haben: Die Banken haben Profite eingefahren, die Regierungen haben den Bürger weiter Wahlgeschenke serviert.

Schuldenfinanzierte Wahlgeschenke.

Die Erpressung darf man sich nicht so vorstellen, dass eine Bank zur Regierung sagte: Rette uns, oder wir melden Insolvenz an!

Die Erpressung muss man sich so vorstellen: Banken und Regierungen haben gemeinsam in einem komplett unmoralischen Schneeball-System so viele Schulden aufgehäuft, dass der schiere Blick auf die Zahlen zur Schockstarre führen muss.

Die Situation insbesondere in der sogenannten Peripherie der Eurozone ist äußerst prekär. Allein für Spanien stehen Zahlen im Raum, die alle Beobachter sehr besorgen. Hans-Werner Sinn sagte dem Focus, dass die spanischen Bankschulden 305 Prozent des BIP oder etwa 3,3 Billionen Euro betragen.

Dieses absurde Verhältnis finden wir in allen Süd-Staaten wieder. Die Regierungen haben ihre Banken dazu genötigt, eigene Staatsanleihen aufzukaufen, damit die Zinsen auf dem freien Markt nicht in die Höhe schießen.

Das dazu nötige Kapital gab es von der EZB mittels LTRO eins und zwei. Hatten die nationalen Notenbanken den Banken im Januar 2007 noch rund 400 Milliarden Euro geliehen, waren es im Januar 2013 schon rund 1.100 Milliarden Euro. Das Geld wird im Volksmund „Dicke Bertha“ oder „Bazooka“ genannt.

Es handelt sich um eine hochgefährliche Droge. Die Schulden-Droge macht aus Politikern und Bankern willenlose Opfer eines Finanz-Deliriums, das sich exponentiell schneller dem Abgrund entgegen dreht.

Die Zahlen für den Fieberwahn: In den Peripherie des Eurolandes liegen die Anteile der Banken bei heimischen Staatsanleihen in Italien bei etwa 99 Prozent, in Griechenland bei 97 Prozent, 94 Prozent in Spanien und 90 Prozent in Portugal (Stand November 2012).

Weil es Zentralbankgeld nur gegen Einlage selbiger Staatsanleihen an die EZB gibt, sind deren Bilanzen nun randvoll von nicht mehr verkäuflichen Kreditpapieren – einschließlich der von der EZB bis Juli 2012 aufgekauften Staatsanleihen von Italien, Griechenland und Spanien in Höhe von 211,5 Milliarden Euro. Die Bücher der EZB sind also randvoll mit wertlosen Staatsanleihen aus dem Süden.

In der FAZ schrieb Holger Steltzner vor einigen Monaten bereits:

Dank der „Dicken Bertha“ haben sich die Banken vollgesaugt mit Staatsanleihen der Südländer. Jetzt soll eine Bankenunion als Rettung für den Euro verkauft werden. Erst prügeln Griechenland, Spanien und andere Schuldensünder ihre Banken in die eigenen Staatsanleihen, dann soll, weil die Risiken natürlich zu groß werden, die Bankenunion mit einer Gemeinschaftshaftung dafür sorgen, dass das gefährliche Spiel in noch größerer Dimension weitergehen kann. „Die Haftungsrisiken in der Bankenunion sind noch gewaltiger als bei Eurobonds“, sagt Hans-Werner Sinn, der Präsident des Münchner Ifo-Instituts. „Die Bankenschulden liegen bei rund 9300 Milliarden, die Staatsschulden betragen etwa 3400 Milliarden Euro.“

Die Steuerzahler würden also zweifach in Geiselhaft genommen. Über das Einziehen ihrer Sparguthaben im Fall eines Banken-Crashs und über die Haftung für den ESM von 27,14 Prozent.

Sicherlich greift auch die Beteuerung von EU-Kommissar Barnier nicht, wenn er versichert, erst wenn alle Quellen ausgeschöpft seien, käme der Rettungsfonds ESM-an die Reihe.

Im von der Schulden-Droge ausgelösten Delirium überkommen die Euro-Retter immer neue Fieberfantasien. Eine davon ist die Idee, dem ESM einfach ein paar Töchter zu zeugen.

Auf dass der Rausch kein Ende habe.

ESM-Bankenrettungstöchter

Der ESM verfügt über eine begrenzte Summe von insgesamt 700 Milliarden Euro, wobei Deutschland mit einem Betrag von 190 Milliarden Euro haftet. Diese Mittel sind eigentlich „nur“ für die Rettung von Staaten vorgesehen. Wenn der ESM auch für direkte Bankenrettungen verwendet werden soll, der eigentlich „nur“ für die Rettung von Staaten vorgesehen ist, dürfte das ESM-Stammkapital bald erschöpft sein – zumal Länder wie Griechenland oder Zypern gar nicht in der Lage sein dürften, ihre Anteile einzuzahlen.

Das Problem ließe sich mithilfe von ESM-Tochtergesellschaften, sprich Bankenrettungstöchter, umgehen. Das Kapital für diese „Töchter“ besorgt der ESM am Kapitalmarkt (wie er ja überhaupt sämtliches Kapital, das er ausgeben will, erst am Kapitalmarkt aufnehmen muss). Der ESM legt für die „Töchter“ eigens zugeschnittene Anleihen auf, und somit können entsprechende Milliarden an die Banken fließen. Das Stammkapital des ESM würde nicht völlig aufgezehrt.

Zwar gibt sich ESM-Chef Regling noch sehr zurückhaltend und will keinesfalls bestätigen, ob diese Planspiele in die Realität umgesetzt werden, da sich nicht alle Eurostaaten mit diesem Projekt anfreunden könnten. Doch Reglings Einschränkung, er könne es „nicht mit hundert Prozent Sicherheit sagen“, zeigt: Im Fieberwahn gestammelt, gilt meist das Gegenteil des gesprochenen Worts.

Höre, Deutschland, die Signale: Die Bankguthaben und die Sparbücher der Deutschen sollen mehrfach kopiert und verpfändet werden.

Dann gibt es noch einige Jahre die geldpolitische Flower-Power.

Dann kommt allerdings der Sensenmann: Er wird sich von den Privaten holen, was die Banken brauchen.

Es wird nicht reichen. Daher wird er mehr holen, als die Privaten haben.

Es werden noch Generationen unter dem Schuldendienst stöhnen, der ihnen von den Drogensüchtigen auferlegt wird.

Der Weg zur Knechtschaft hat begonnen.

Rechnen Sie doch einfach aus, wie lange man braucht, um 9.300 Milliarden Euro abzustottern.

Die EZB wird Ihnen einen günstigen Zinssatz einräumen.

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