Politik

Wiener Flughafen: Österreichs Steuerzahler müssen bluten

Lesezeit: 2 min
05.05.2013 01:06
Das neue Flughafenterminal Check-in 3, früher Skylink genannt, ist Österreichs größter Bauskandal. Abschreibungen durch Misswirtschaft beim Terminal-Bau werden die Bilanzen des Wiener Flughafens noch lange belasten.
Wiener Flughafen: Österreichs Steuerzahler müssen bluten

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Korruption, Schlamperei, Misswirtschaft. Beim Projekt Skylink herrschte vom Beginn der Planungsphase im Jahr 2000 bis zur Eröffnung am 5. Juni 2012 und darüber hinaus reinstes Chaos. Das Terminal wurde mit vierjähriger Verspätung eröffnet. Die Baukosten verdoppelten sich von 400 Millionen auf knapp 800 Millionen Euro. 2010 prüfte der österreichische Rechnungshof das Projekt und kam zu einer vernichtenden Kritik an den Vorständen des Flughafen Wien.

Der Rechnungshofbericht sprach von „Chaos de luxe“ bei der Planung, beim Baumanagement und vor allem bei der Kontrolle beim Skylink-Bau. Das Flughafen-Management habe seine Verantwortung als Bauherr in keiner Weise wahrgenommen, so der Bericht. Stattdessen wurden diverse Berater engagiert, wodurch über 100 Millionen Euro an zusätzlichen Kosten entstanden seien und sich das Chaos noch weiter verschärfte.

Zunächst plante man das neue Flughafenterminal noch doppelt so groß. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 und dem folgenden weltweiten Einbruch im Flugverkehr reduzierten die Planer die Größe von Skylink auf die Hälfte. Allein diese Umplanung verschlang Unsummen.

Bei der Grundsteinlegung 2006 erwartete der damalige Flughafen-Chef Herbert Kaufmann Baukosten in Höhe von 400 Millionen Euro. 2008 sollte das dritte Terminal pünktlich zur Fußball-Europameisterschaft fertig werden, die Österreich zusammen mit der Schweiz ausrichtete. Im Sommer 2008 sprach der damalige Finanzvorstand Christian Domany plötzlich von 657 Millionen Euro Kosten und einer Eröffnung im Oktober 2009.

Anfang 2009 eskalierte die Lage: Domany wurde als Finanzvorstand abgesetzt. Der Stellvertreter von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, Ernest Gabmann, übernahm den Posten. Der Flughafen Wien ist ein börsennotiertes Unternehmen. Das Land Niederösterreich hält zusammen mit der Stadt Wien jeweils 20 Prozent am Unternehmen. Gabmann vertrat das ÖVP-regierte Niederösterreich. Die zwei anderen Vorstände Herbert Kaufmann und Gerhard Schmid schickte das SPÖ-dominierte Wien.

2009 bilanzierte Gabmann Kosten von 830 Millionen Euro. Er verhängte im Sommer zudem einen Baustopp, um Verträge mit den beteiligten Unternehmen neu zu verhandeln. Im Juli 2009 nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Die Vorwürfe lauteten auf Untreue und Betrug. 35 Razzien wurden durchgeführt. Laut Staatsanwaltschaft füllt die Causa Skylink 160 Meter Aktenordner.

2010 stellten Sachverständige bei einer gerichtlichen Beweissicherung 3000 Mängel auf dem 150.000 Quadratmeter großen Skylink-Areal fest. Bei 500 dieser Fälle handelte es sich um mittlere bis schwere Fehler. Einige davon waren für die Passagiere lebensgefährlich, so die Prüfer.

Ende 2010 wurden Kaufmann, Schmid und Gabmann abgelöst. Kaufmann und Schmid erhielten lukrative Beraterverträge. Seit September 2011 führen Julian Jäger und Günther Hofner den Wiener Flughafen.

Ob und wie viel Steuergeld beim Skylink-Skandal verbraten wurde, prüft der Rechnungshof noch. Die Nettoverschuldung des Flughafen Wien betrug Ende 2012 jedenfalls 719,6 Millionen Euro. Ob die Miteigentümer, die Bürger der Stadt Wien und des Landes Niederösterreich für die Unfähigkeit der Flughafenbetreiber mit ihrem Steuergeld aufkommen müssen, bleibt abzuwarten. Die hohen Abschreibungen für das Projekt haben jedenfalls erst 2012 begonnen und werden viele Jahre tiefe Löcher in die Bilanz des Flughafens reißen. Daran wird auch eine Namensänderung von Skylink zu Check-in 3 nichts ändern.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...