Finanzen

EU will Geld zurück: 230 Millionen Euro aus Agrar-Fonds versickert

Die EU fordert von den Mitgliedsländern Millionen zurück, weil diese im Rahmen der berüchtigten Agrar-Förderung zweckwidrig verwendet wurden. Der Vorgang zeigt die Absurdität des Systems: Ohne Transparenz und Kontrolle werden die Steuergelder hin- und hergeschoben. Kein Wunder, dass alle Staaten immer mehr Geld brauchen.
06.05.2013 13:46
Lesezeit: 2 min

Immer wieder versickern öffentliche Fördergelder für die Landwirtschaft in Projekten, bei denen sie eigentlich nichts verloren hätten. Wegen diverser Verstöße gegen EU-Vorschriften und unzureichende Kontrollverfahren verlangt die EU-Kommission heuer rund 227 Millionen Euro von den zuständigen Einzelstaaten zurück.

Die aktuelle Summe liegt deutlich unter der durchschnittlichen Berichtigung pro Geschäftsjahr von 1,5% des EU-Landwirtschafts-Budgets. Mit jährlich rund 50 Milliarden Euro beträgt dieses noch immer mehr als 40 Prozent des EU-Gesamtbudgets. Für die Auszahlung der landwirtschaftlichen Förderungen sind die Mitgliedsstaaten verantwortlich. Auch die Kontrollen fallen in ihren Zuständigkeitsbereich, so etwa die Überprüfung der Ansprüche der Bauern auf Direktzahlungen.

Die Kommission führt jährlich mehr als 100 Audits durch, um Unregelmäßigkeiten aufzuspüren. Werden Mängel bei Durchführung und Kontrolle der Förderungen festgestellt, hat sie die Möglichkeit auf Einleitung eines Rückzahlungsverfahrens. Nach dem aktuellen Beschluss müssen insgesamt 14 von 27 Staaten Mittel zurückzahlen: Belgien, Tschechien, Deutschland, Irland, Griechenland, Spanien, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Portugal, Slowenien, Slowakei und das Vereinigte Königreich.

Die wichtigsten Einzelverstöße waren demnach:

83,6 Millionen Euro von Griechenland wegen vorschriftswidriger Verringerung des Mindestertrags an getrockneten Weintrauben;

79,9 Millionen Euro von Polen wegen Mängeln bei der Prüfung des Erstantrags und bei der Genehmigung der Geschäftspläne im Zusammenhang mit der Maßnahme für Semisubsistenz-Betriebe;

24,0 Millionen Euro von Griechenland wegen Mängeln in den Bestandsregistern und bei den Vor-Ort-Kontrollen im Zusammenhang mit Tierprämien;

10,3 Millionen Euro vom Vereinigten Königreich wegen Mängeln bei der Kennzeichnung von Tieren und bei den Vor-Ort-Kontrollen im Zusammenhang mit Tierprämien.

Die notwendigen Rückzahlungen Deutschlands betragen rund 1,2 Millionen Euro.

In der Vergangenheit hatte der Europäische Rechnungshof bereits mehrfach Missbrauch von Fördergeldern im großen Stil festgestellt (hier). Auch die Strukturen des Fördersystems an sich sind intransparent und wenig nachvollziehbar. Unter den Subventionsempfängern sind bei weitem nicht nur ganz normale Bauern zu finden. Großunternehmen und Konzerne stehen auf der Förderliste ganz oben (hier). Eine nachhaltigere Gestaltung des Agrarbudgets der EU ist aber auch mit den noch laufenden Verhandlungen um den mehrjährigen Finanzrahmen 2013-2020 nicht zu erwarten.

Der Fall zeigt, was für ein absurdes System die EU-Agrarförderung ist: Da wird Geld von den Mitgliedsstaaten eingesammelt. Danach überweist die EU das Geld an andere Länder. Diese verwenden das Geld offenbar ohne jede Kontrolle. Schließlich fordert die EU das Geld zurück.

Ein solches System kann nicht funktionieren - auch mit den originellsten Bürokraten nicht. Denn die Behörden in Brüssel sind dem Wähler nicht verantwortlich. Für die nationalen Regierungen wiederum ist die Versuchung zu groß, das Geld an ihre Wähler zu verteilen.

Die Trennung von Budget-Hoheit und Verantwortlichkeit gegenüber dem Souverän ist einer der zentralen Gründungs-Fehler der EU.

Alljährlich führt uns dies die Diskussion um die verschwundenen Agrar-Millionen vor Augen. Wir zahlen für dieses Schauspiel einen hohen Preis.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona: Aufwärtstrend bei Amateurmusik - Deutsche musizieren wieder
18.04.2025

Den Flohwalzer klimpern, ein Liebeslied singen, auf der Gitarre schrammeln – Hobbymusik hat viele Facetten. Doch wie viele Menschen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Blick aus China: Die USA haben an Bedeutung verloren, Zölle beeinträchtigen die Lieferketten nicht
18.04.2025

Die Bedeutung des US-Marktes für China habe in den vergangenen Jahren deutlich abgenommen und mache heute nur noch 14 Prozent der...