Politik

Deutscher Steuerzahler finanziert Forschung für Lebensmittel-Konzerne

Die Agrochemie-Industrie verspricht die Ernährung der Menschheit durch Ertragssteigerungen bei Getreide. Die Bundesregierung unterstützt die globalen Lebensmittel-Konzerne mit Forschungsgeldern. Der deutsche Steuerzahler zahlt also selbst dafür, dass er eines Tages nur noch essen darf, was einige wenige Konzerne ihm vorsetzen.
18.05.2013 23:28
Lesezeit: 2 min

Vor zwei Jahren haben die Industrie- und Schwellenländer ihre „Wheat Initiative“ gestartet. Ziel ist die Erforschung ertragssteigernder Weizen-Sorten. Dabei geht es aber nur auf den ersten Blick um die Lösung der globalen Ernährungsprobleme. Neben den nationalen Ministerien sind nämlich auch die Saatgut-Konzerne beteiligt, darunter Monsanto, Syngenta, Dow und Limagrain. Nun wurde in Paris die „internationale Vision“ der Gruppe vorgestellt.

Ihr Hauptargument für die Genforschung: Die Weizenerträge müssten dringend steigen, um die wachsende Weltbevölkerung ernähren zu können. Das verlange nach einer „globalen strategischen Agenda“ und die Schaffung von Anreizen für Investitionen.

Die Privatwirtschaft soll über Partnerschaften eingebunden werden, berichtet der Informationsdienst Gentechnik. Die fünf beteiligten Firmen sind die größten Saatgut-Hersteller der Welt. Neben den US-Unternehmen Monsanto und Dow sind das die Schweizer Syngenta, Limagrain aus Frankreich und die KWS aus Deutschland. Nach Berechnungen der ETC kontrollieren allein diese fünf Konzerne zusammen 62 Prozent des kommerziellen Saatgut-Marktes der Welt (mehr hier). Marktanteile und Profite steigen, vor allem Monsanto profitiert von den engen Beziehungen zur Politik.

Eben erst hat die Obama-Administration Monsanto mit einem speziellen Gesetz faktisch Immunität bei Gerichtsverfahren zuerkannt (mehr hier).

Aber auch in Deutschland profitieren die Konzerne von ihrem engmaschigen Lobby-Geflecht.

Hierzulande werden die Aktivitäten der Lebensmittel-Konzerne sogar vom Steuerzahler finanziert.

Und dies geschieht über den vermeintlich unverdächtigen Weg der Forschungs-Förderung.

Denn es fließen deutsche Steuermillionen in die Weizen-Initiative. Das Forschungsministerium unterstützt die Suche nach bestimmten Genen im Weizen mit 700.000 Euro. Das Leibnitz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben und die ebenfalls dort ansäßige TraitGenetics GmbH koordinieren die Forschungsarbeiten. Beteiligt sind aber auch die Gentechnik-Konzerne KWS und Syngenta.

Ein weiteres Forschungsprojekt der IPK förderte die Bundesregierung sogar mit 2,4 Millionen Euro. Die Genmanipulationen sollten dabei zu pilzresistenten Weizenpflanzen führen. In diesem Fall ist neben der KWS auch die ebenfalls in Deutschland sitzende Bayer Cropscience eingebunden. Die Unternehmen haben sich auf raffinierte Weise in der Forschungsarbeit unentbehrlich gemacht: Mit Patenten schützen sie nicht nur ihre Produkte sondern auch die zugrundeliegenden Methoden. Bayer CropScience etwa hält die Rechte am biotechnologischen Verfahren bei dem IPK-Projekt.

Schon die Grundannahme der Weizen-Initiative ist vor allem auf die Öffentlichkeitsarbeit der Gentechnik-Konzerne zurückzuführen. Um die Weltbevölkerung in Zukunft ernähren zu können, sei bis Mitte des Jahrhunderts eine Ertragssteigerung um 60 Prozent nötig. Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen hat allerdings letztes Jahr Zahlen vorgelegt, wonach der Kalorienbedarf aller Menschen rein rechnerisch längst gedeckt werden könnte. Ein großer Teil der Ernten wird allerdings als Tierfutter verwendet. An diesem genetisch veränderten Mais und Soja verdienen die Konzerne prächtig.

Zu einer höheren Ernährungssicherheit wird die „Wheat Initiative“ daher nicht beitragen. Dafür der deutsche Steuerzahler zu einer höheren Gewinnsicherheit von Monsanto und Co.

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