Finanzen

Bundesbank-Weidmann: Europa steht am Rande des Abgrunds

Das fehlende Vertrauen in die Staatsfinanzen hat Europa an den Rand des Abgrunds geführt, so Weidmann. Probleme wie die Rezession, die Arbeitslosigkeit und die zu schnell alternden Gesellschaften müssen daher schnell gelöst werden. Die EZB könne dies nicht allein. Deutschland und Frankreich müssten die Überwindung der Krise herbeiführen.
24.05.2013 08:44
Lesezeit: 2 min

Der Chef der Bundesbank, Jens Weidmann, fordert von Deutschland und Frankreich mehr Einsatz in  der Bekämpfung der Schuldenkrise. Beide Länder hätten eine gemeinsame Verantwortung. Man müsse sich wieder auf die Grundzüge der Europäischen Union besinnen, um den Abgrund, an dem Europa steht, zu überwinden. Bei einer Rede bei der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer sagte Weidmann am Donnerstag:

„Trotz aller Unterschiede im Detail besteht in Deutschland und Frankreich – wie auch im übrigen Europa – ein Grundkonsens darüber, was das ‚europäische Modell‘ ausmacht: Die Kombination aus markwirtschaftlicher Effizienz und sozialer Fairness, aus Freiheit und Absicherung.“

Zwar habe sich „das europäische Modell in den vergangenen 50 Jahren als eine Erfolgsgeschichte erwiesen“, aber die Krise habe die Menschen zutiefst verunsichert. Die Finanzmärkte reagierten ebenfalls und zwar mit weitreichenden Folgen, sagte Weidmann:

„Das gesunkene Vertrauen in die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen hat Europa an den Rand des Abgrunds geführt. Manche Länder müssen sich vor allem wegen der zunehmenden Alterung ihrer Bevölkerung anpassen. Hier ist Deutschland ein prominentes Beispiel. Und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit sorgt dafür, dass einige Länder langsamer wachsen, als es möglich wäre. Hierzu findet auch in Frankreich eine intensive Diskussion statt.“

Weidmann bezog sich in seiner Rede jedoch auch auf eine weitere Problematik. Europa sei eine Union souveräner Staaten. Und Souveränität bedeutet, „dass es die Aufgabe jedes einzelnen Landes ist, die Grundlagen für nachhaltiges Wachstum zu legen und zu sichern – und zu entscheiden, wie das am besten zu erreichen ist.“ Allerdings ist Europa auch eine Gemeinschaft, „in der das wirtschaftliche Wohl und Wehe eines Mitgliedes alle anderen betrifft“, so Weidmann. „Europa ist nur stark, wenn seine Teile stark sind.

In den vergangenen Monaten hat sich gezeigt, dass die Regierungen der EU-Länder jedoch ganz unterschiedliche Auffassungen vom zukünftigen Europa haben. Während Merkel und Schäuble kontinuierlich auf eine Ausweitung der Befugnisse Brüssels setzen (hier), wollen Großbritannien und die Niederlande eher die Kompetenzen wieder an die Nationalstaaten abgeben.

Eine zu starke Gemeinschaft will der Bundesbank-Chef jedoch auch nicht. Er kritisierte erneut, dass die Geldpolitik der EZB die Lasten unsolider Haushaltspolitik auf alle Euro-Länder verteilt hat. Der von Weidmann gemeinte umfangreiche Ankauf von Staatsanleihen ist zumindest in Nordeuropa umstritten (hier). In Deutschland wird sich das Bundesverfassungsgericht mit dieser Thematik ebenfalls noch auseinander setzen müssen (mehr hier). „Über eine solche Umverteilung sollten nur gewählte Parlamente entscheiden, nicht unabhängige Notenbanken“, sagte Weidmann. Grundsätzlich habe die EZB aber dazu beigetragen, „die Krise einzudämmen“ (Die Fakten sprechen andere Worte – hier).

Am Ende sind die Länder Europas aber „nicht nur ihres eigenen Glückes Schmied, sondern entscheiden auch über den Erfolg der gesamten Europäischen Integration“, so der Chef der Bundesbank:

„Deutschland und Frankreich haben hierbei nicht zuletzt aufgrund ihres wirtschaftlichen Gewichts in Europa eine besondere Verantwortung. Dabei ist es wie mit einem Ruderboot: Wenn nicht beide gleich kräftig rudern, dreht sich das Boot im Kreis statt voranzukommen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...