Politik

NSA-Spionage: Die Welt lacht über die naiven EU-Führer

Die Herren Europas waren offenbar extrem naiv: Wie konnte es passieren, dass die USA eine Wanze mitten in der EU-Botschaft in Washington installieren? Russlands Präsident Putin fällt den Europäern auch in den Rücken: Er möchte das Wissen des Whistleblowers Snowden für seine Interessen anzapfen.
02.07.2013 00:35
Lesezeit: 2 min

Die NSA hat sich bei ihrer Überwachung der EU-Botschaft in Washington vor allem für den Streit in der EU interessiert. Eine Wanze im zentralen Fax der Botschaft genügte den Amerikanern.

Teile und herrsche – nach diesem Prinzip gingen die Amerikaner bei der Ausforschung der EU durch die NSA vor. Mit dem Codename „Dropmire“ wurde eine Wanze in das verschlüsselte Fax der EU-Botschaft geschmuggelt. Über dieses Fax lief die gesamte EU-Korrespondenz mit den Mitgliedsländern. Aus einem vom Guardian veröffentlichten Papier aus dem Bestand von Ed Snowden geht hervor, dass die Amerikaner vor allem möglichst viel über die schon sprichwörtlichen Streitereien in der EU erfahren wollten.

Dadurch konnten die Amerikaner antizipieren, in welchen Punkten die Europäer gespalten sind und ihre Politik darauf einstellen. Vor allem bei geopolitischen Fragen wie den zahlreichen von den Amerikanern betriebenen Kriegen ist es wichtig, zu wissen, wo möglich Bruchlinien liegen – um das Kriegsgeschäft so profitabel als möglich zu halten. Es ist unklar, ob die Abhörmaßnahmen nur von der NSA durchgeführt wurden. Der Guardian glaubt, dass auch das FBI und die CIA an der Operation beteiligt waren.

Eine der zentralen Fragen ist nun, wie die EU so dumm sein konnte, sich von den Amerikanern eine Wanze an das zentrale Fax anschließen zu lassen. Ohne die EU beim Namen zu nennen, sagte der ehemalige Geheimdienst-Koordinator Bernd Schmidbauer im Hessischen Rundfunk: „Wer zulässt, dass seine Büros verwanz werden, der lebt in der Steinzeit.“ Es gäbe in der internationalen Politik „keine Freunde“. Schmidbauer sprach von „Sorglosigkeit“ und „Nachlässigkeit“ der EU-Politiker, weil sie ihre Kommunikations-Systeme nicht mehr ausreichend sichern würden.

Russlands Präsident Wladimir Putin sagte, dass der Whistleblower Snowden in Russland bleiben könne, wenn er aufhöre, „den USA zu schaden“. Das bedeutet im Klartext: Der KGB-Mann Putin hat großes Interesse, Details über die NSA-Aktionen zu erfahren. Vor allem interessiert Putin, ob die Amerikaner auch hinter den russischen Botschaften her waren. Neben der EU-Mission hatten die Amerikaner auch die griechische, die italienische und die französische Botschaft verwanzt.

Putin sagte bei einer Pressekonferenz, dass es ihn im Grunde nicht interessiere, was die Amerikaner spionieren. Aber natürlich hat Putin ein Interesse, einen Gedankenaustausch mit Snowden zu praktizieren. Es ist auch möglich, dass der ganze Coup zwischen Amerikanern und Russen abgesprochen ist – nicht zuletzt, um im Wirtschafts-Krimi der Euro-Krise die Interessen der Finanz-Eliten wahren zu können. Diese Eliten werden von Moskau im selben Maß gestützt wir von Washington.

Die Herren Barroso, Rompuy und Schulz spielen in dieser Liga dagegen nur als Befehlsempfänger mit. Die ganze EU-Außenpolitik hat sich zunächst mit Dilettantismus, Naivität und am Ende mit steinbrückscher Weinerlichkeit zum Affen der Weltpolitik gemacht.

Ob die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Affäre eingeweiht ist, wird kontrovers diskutiert. Ein Ex-Agent sagt, dass Deutschland sogar Daten an die NSA geliefert habe (mehr hier). Denkbar ist es – weil Merkel weiß, dass Putin und Obama für sie wichtiger sind als die blamierten Brüsseler Bürokraten.

Deren Stern sinkt - mit möglicherweise unabsehbaren Folgen für die Attraktivität der EU, die nun nicht nur krisengeschüttelt ist, sondern auch machtpolitisch gedemütigt wird - also nicht gerade den Eindruck eines dynamischen Zukunftsmodells hinterlässt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...