Noch kurz vor der Bundestagswahl könnte die Bundesregierung mit ihrer aktuellen Hinhalte-Taktik in Sachen Eurokrise böse hinfallen. Nach dem Affront der EU-Kommission hinsichtlich eines neuen Bankenfonds nimmt nun auch der Chef der Eurogruppe Dijsselbloem keine Rücksicht mehr. Er stellte weitere Milliardenhilfen für angeschlagene Länder in Aussicht.
So wird beispielsweise Griechenland nun doch bald weitere finanzielle Unterstützung erhalten. „Wir versuchen die ganze Zeit, den Schuldenberg erträglich zu machen“, so Dijsselbloem. Aber Griechenland werde lange brauchen, um sich zu erholen. Nächstes Jahr im April werde man deshalb prüfen, „wo wir stehen, ob die griechische Regierung alle Verpflichtungen erfüllt, ob sie einen Nettoüberschuss erwirtschaftet hat“ und wie das griechische Bankensystem aufgestellt ist. „Wir sind bereit für weitere Hilfen“, sagte Dijsselbloem in einem Interview mit der SZ.
Auch einen Schuldenschnitt schließt Dijsselbloem für Griechenland nicht aus. Auf die Frage, ob ein zweiter Schuldenschnitt geplant sei, antwortete der Eurogruppen-Chef:
„Wir werden im April entscheiden, was zu tun ist. Ich verstehe die Bedenken. Griechenland ist weiterhin ein harter Fall. Wir alle sorgen uns. Aber schauen Sie, was sie schon alles erreicht haben. Ich finde das bewundernswert.“
Ein zweiter Schuldenschnitt für Griechenland ist auch eine der zentralen Forderungen des IWF. Doch vor allem die deutsche Bundesregierung hat dieses neben weiteren Finanzhilfen in den vergangenen Monaten ausgeschlossen. Nach dem ersten Schuldenschnitt für Griechenland sind die meisten Gläubiger Griechenlands öffentliche Institutionen. So müsste sich beispielsweise auch die EZB an einem neuen Haircut beteiligen. Die dadurch entstehenden Verluste würden dann von den nationalen Zentralbanken zu tragen sein – und am Ende letztlich vom Steuerzahler selbst. Ganz zu schweigen davon, dass nicht auszuschließen ist, dass auch die geleisteten Hilfsgelder dann einem Schuldenschnitt unterzogen werden müssten. Und Deutschland hat nicht nur Garantien geleistet, sondern auch tatsächlich bereits Geld an Griechenland gezahlt (hier).
Wie im Falle Griechenlands scheint nun jedoch auch mehr Luft für ein Entgegenkommen bei Irland zu sein:
„SZ: Sprechen wir über die anderen Sorgenkinder: Irland soll im Dezember aus dem Kreditprogramm entlassen werden. Wird das Land einen finanziellen Krückstock bekommen?
Dijsselbloem: Das ist möglich. In der Euro-Gruppe haben wir schon besprochen, dass wir Irland in der Übergangszeit finanziell helfen, dass das Land eine Art vorsorgende Versicherung bekommt. Wir werden die Details nach der Sommerpause beschließen.“
Zusätzlich dazu äußerte sich Dijsselbloem auch einmal recht offen bezüglich der direkten Rekapitalisierung der Banken über den ESM:
„Ganz allgemein gilt: Ob das Geld im Rettungsfonds ausreichen wird, ist ganz einfach nicht vorauszusagen. Diese Summe ist eher ein politisches Signal: ,Seht her, wir haben ein finanzielles Netz für den allergrößten Notfall. Wirklich nur dafür'. Wir haben zu lange das Prinzip verfolgt, zuerst ein öffentlich finanziertes Netz aufzuspannen. Das ist vorbei. Jetzt stehen private Investoren in der Pflicht.“