Die Bundesbank warnt in ihrem Monatsbericht vom Juli 2013 vor der unbedachten Einrichtung einer Banken-Union in der Eurozone.
Zwar hält die Bundesbank eine Banken-Union prinzipiell für erstrebenswert.
Doch warnt die Bundesbank in ungewohnt deutlicher Form vor einer Gemeinschaftshaftung, da hohe Risiken wegen der Altlasten der Banken bestünden. „Diese Risiken, die von Land zu Land sehr unterschiedlich ausfallen können, sind unter nationaler Aufsicht entstanden, auch wenn sie sich erst nach Inbetriebnahme des SSM (Single Supervisory Mechanism - Gemeinsamer Bankenaufsichts-Mechanismus) materialisieren sollten.“
Bei einer gemeinsamen Haftung für die Altlasten aller Banken im Euroraum sowie jener europäischen Banken, die sich der Banken-Union anschließen, führe dies zu einer Umverteilung der Lasten.
Es sei aber, weil es noch keine gründliche Prüfung der Banken-Portfolios durch die EZB gegeben hat, derzeit „nicht möglich, irgendwelche Aussagen über Art und Umfang von Risiken aus Altlasten zu treffen“, sagte die Deutsche Bundesbank den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Außerdem gebe die Bundesbank zu einzelnen nationalen Banken „grundsätzlich keine Auskunft“.
Daher möchte die Bundesbank, dass die Altlasten der jeweiligen Institute der teilnehmenden Mitgliedsstaaten, „identifiziert und dann beseitigt oder abgesichert werden“. Nur dadurch könne gewährleistet werden, „dass auch bei einer Materialisierung dieser Risiken nach Inkrafttreten des SSM die entsprechenden Konsequenzen bei dem Mitgliedstaat anfallen, unter dessen Aufsicht sie entstanden sind“. Ausdrücklich weist die Bundesbank darauf hin: „Eine Vergemeinschaftung der fiskalischen Haftung für diese Altlasten („legacy assets“) hätte daher einen redistributiven (= umverteilenden) Charakter.“
Auf die Frage, wie man bei der Schaffung der Banken-Union die Risiken durch die Altlasten umgehen könnte, sagte die Bundesbank:
„Nachdem Altlasten der Banken, die vom künftigen Single Supervisory Mechanism beaufsichtigt werden, in der Vergangenheit und in nationaler Verantwortung entstanden sind, sind sie nach unserer Ansicht auch national zu tragen.“
Da bis zum Inkrafttreten der vollständigen Verordnung zu gemeinsamen Bankenaufsicht noch weitere Verfahrensschritte durch die Finanzminister abgestimmt werden müssen, ist nicht auszuschließen, dass die Altlasten der Banken dennoch in den Verfahrensprozess mit einbezogen werden. Weitergehende Vereinbarungen hinsichtlich der geplanten Bankenunion wurden wegen der bevorstehenden Bundestagswahl auf Eis gelegt (hier).
Hans Werner Sinn vom ifo-Institut schätzt die Bankschulden von Spanien, Griechenland, Irland, Portugal, Italien und Zypern auf neun Billionen (= 9.000 Milliarden) Euro. „Viele Banken sind angeschlagen und stehen am Rande des Bankrotts“, zitiert die WirtschaftsWoche Sinn.
Doch nicht nur die faulen Kredite in den herkömmlichen europäischen Banken sind gefährlich. Vor allem muss geklärt werden, wie mit den so genannten Bad Banks umzugehen ist (hier).
Noch hat die Bundesregierung keine Aussagen dazu getroffen, inwieweit Altschulden maroder Banken in den Abwicklungsmodus mit einbezogen werden. Und wem hierfür die Rechnung präsentiert wird.
Fest steht: Die nationalen Regierungen in der Peripherie werden die Altschulden ihrer Banken kaum allein schultern können. Der Hinweis der Bundesbank, dass die Altschulden nicht von der Banken-Union und damit von den deutschen Sparern und Steuerzahlern übernommen werden dürfen, birgt daher erhebliche Sprengkraft.
Denn tatsächlich ist diese zentrale Frage der Banken-Union noch nicht einmal im Ansatz diskutiert worden.
Die Bundesbank dürfte in diesem Fall für die Bundesregierung einen Pflock in den Verhandlungen eingeschlagen haben.
Dieser wird jedoch dem Druck nicht standhalten, wenn es tatsächlich zu einer Verschärfung der Bankenkrise kommt. Vor allem aber: Die Banken berechnen ihre Risiken selbst. Dies bedeutet, dass die Banken heute eine andere Berechnung vorlegen können als morgen. Sie können die Lage zum Beispiel so darstellen, dass sich gewisse Risiken erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa durch Marktveränderungen, ergeben hätten.
Dann hat die Bundesbank zwar in moralischer Hinsicht gepunktet, weil sie auf ein Problem hingewiesen hat.
Faktisch wird es den Deutschen jedoch nicht helfen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in einem Interview mit dem DLF auffallend oft gesagt, dass diejenigen, die behaupten, die Eurokrise sei wegen der Bundestagswahl vorübergehend entschärft worden, irren. Krisen, so meinte Schäuble, richten sich nicht nach Wahlen.
Da dürfte er Recht haben.
Was die Risiken der Banken anlangt, wird er in diesem Fall ausnahmsweise jedoch nicht froh sein, wenn er am Ende recht behält.