Finanzen

Steuer-Boykott in Griechenland: 60 Milliarden Euro fehlen

In Griechenland sind die Steuer-Außenstände per Ende Juni auf die Rekordhöhe von knapp 60 Milliarden Euro angestiegen. Offenbar ist die Lage für die Troika völlig außer Kontrolle geraten.
06.08.2013 02:31
Lesezeit: 1 min

Die Griechen haben allein für die Monate Mai und Juni 613 Millionen Euro an Steuern nicht bezahlt, die sie eigentlich dem Staat schulden. Insgesamt fehlen dem griechischen Staat 59,77 Milliarden Euro an ausstehenden Steuern. Dies gab das Direktorat für die öffentlichen Einnahmen am Montag bekannt.

Die Gründe kommen einem inoffiziellen Steuerboykott gleich: „Reorganisation der Steuerverwaltung, Verspätungen bei der Ausarbeitung neuer Zahlungspläne für säumige Schuldner, Fortsetzung der Rezession und steigende Arbeitslosigkeit“ werden offiziell als Gründe angeführt, warum die Steuern nicht bezahlt werden konnten.

Noch vor wenigen Tagen hatte die griechische Regierung beteuert, dass sie nun sicherstellen werde, dass die Steuern gezahlt werden. Aktuell fehlen dem Finanzminister 21,8 Milliarden Euro von Privatleuten und 38,2 Milliarden Euro von Unternehmen.

Finanzminister Yannis Stournaras sieht dagegen Griechenland auf einem guten Weg. Er kann die Befürchtungen des IWF nicht teilen, dass Griechenland 11 Milliarden Euro fehlen, um bis ins nächste Jahr zu kommen: „Das ist wenig Geld“, sagte Stournaras Bloomberg TV.

Auch die Bundestagswahl in Deutschland stelle für ihn kein Problem dar.

Das Steuerproblem möchte der Finanzminister technokratisch lösen: „Wir versuchen, die Mechanismen zur Steuereintreibung zu verbessern und die ausstehenden strukturellen Reformen zu vervollständigen.“

Natürlich dürfe es jetzt keine weiteren Sparmaßnahmen geben.

Das Problem Griechenland liege nämlich in der Kombination von „fiskalischer Anpassung“ und Wachstum.

Besonders viel verspricht sich Stournaras von der Privatisierung. Bisher hat Griechenland faktisch nichts privatisiert. Nun aber sieht der Finanzminister sein Land exakt im Plan bis Ende 2014. Dass der staatliche Gasversorger DEPA nicht wie geplant bereits privatisiert ist, räumte der Minister ein.

Die Aussagen von Stournaras erwecken den Eindruck, dass die Troika in Griechenland nicht mehr allzu viel ausrichten kann.

Nachdem 80 Prozent aller Hilfsgelder in die Rettung der Banken gegangen sind, ohne dass sich deswegen in der Wirtschaft irgendetwas geändert hat, kann man davon ausgehen, dass der nächste Schritt der Schuldenschnitt ist.

In Zypern bahnt sich übrigens eine ähnliche Entwicklung an wie in Griechenland: Die Arbeitslosigkeit ist im Jahresvergleich um 30 Prozent gestiegen.

Die Euro-Krise hält sich weiter an das Drehbuch, welches seinen Ausgang wie die Tragödien und Komödien der Antike in Griechenland genommen hat.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Aus Müll wird Luxus: Pilzleder soll Tierhaut und Plastik ersetzen
12.06.2025

Tierhaut ist grausam, Kunstleder giftig – jetzt soll Abfall die Rettung bringen: Schwedische Forscher züchten edles Leder aus Pilzen,...

DWN
Politik
Politik Fall Gelbhaar: Grüne gestehen Fehler ein
12.06.2025

Erst lösten die Vorwürfe gegen den damaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar Aufregung aus – dann kamen Zweifel an ihrer...

DWN
Technologie
Technologie Wenn Klimarettung zur Illusion wird: Die Selbsttäuschung der Tech-Eliten
12.06.2025

Sie predigen Nachhaltigkeit, verbrauchen aber gigantische Energiemengen: Während Tech-Milliardäre den Planeten retten wollen, heizen ihre...

DWN
Politik
Politik Trump spielt mit dem Welthandel – und riskiert den Crash
12.06.2025

Ex-Handelsminister Wilbur Ross warnt: Trump führt einen Wirtschaftskrieg gegen die ganze Welt – kalkuliert, aggressiv und ohne...

DWN
Technologie
Technologie Mittelstand: mehr als 100.000 Euro jährlich durch Solaranlage und E-Autos sparen
12.06.2025

Solaranlagen und E-Autos sind für Unternehmen längst mehr als Prestigeprojekte. Eine neue Analyse zeigt anhand konkreter Lastgänge und...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis treibt Zentralbanken: Gold überholt den Euro
12.06.2025

Rekord beim Goldpreis: Gold wird zur zweitgrößten Reserve nach dem Dollar. Die EZB zeigt, warum Zentralbanken den Euro zunehmend...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Biontech Curevac Übernahme: Milliarden-Deal für mRNA-Krebstherapien
12.06.2025

Biontech greift nach Curevac – und verfolgt damit ehrgeizige Pläne in der Krebsmedizin. Der milliardenschwere Deal soll Know-how...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ohne VW, BMW & Mercedes-Benz: Das neue Playbook für Automotive-Investments
12.06.2025

Trumps Zölle, Chinas Plattformstrategie und strukturelle Schwächen bei Software und Skalierung zwingen deutsche OEMs zum Umdenken. Für...