Deutschland

EZB-Mann enthüllt: Merkel wollte Griechenland aus dem Euro werfen

Erst im Herbst 2012 erkannte Merkel, dass ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone das gesamte Eurosystem gefährden könnte. Daher änderte sie damals sehr schnell ihre Taktik und sprach Athen ihr Vertrauen aus.
15.09.2013 03:27
Lesezeit: 1 min

Der frühere EZB-Mann Lorenzo Bini-Smaghi hat in seinem neuen Buch „Morire di Austerità“ (Sterben durch Sparpolitik) einige Hintergründe der Euro-Rettungspolitik enthüllt. So soll der frühere italienische Premier Silvio Berlusconi 2011 mit dem Austritt seines Landes aus der Eurozone gedroht haben. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel soll hinter den Kulissen mit dem Gedanken gespielt haben, Griechenland aus der Eurozone zu entfernen.

Bini-Smaghi schreibt, dass Berlusconi im November 2011 als italienischer Premier gestürzt worden sei, weil er Stimmung gegen die europäische Währungsunion gemacht habe. In privaten Gesprächen habe Berlusconi Kanzlerin Merkel und dem damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy mit dem Austritt Italiens aus der Eurozone gedroht, zitiert der Telegraph den früheren EZB-Mann.

Bereits vor einigen Monaten enthüllte ein italienischer Journalist, dass Berlusconi entfernt und durch Mario Monti ersetzt wurde. EU-Kommissions-Präsident José Manuel Barroso persönlich hatte den Putsch gegen Berlusconi verlangt (mehr hier).

Zudem sagt Bini-Smaghi, dass Merkel lange geglaubt habe, Griechenland könne sicher aus der Eurozone entfernt werden. Erst im Herbst 2012 habe sie erkannt, dass der Euro-Austritt eine Kettenreaktion auslösen könnte, die das gesamte Eurosystem erfasst. Daher habe sie damals sehr schnell ihre Taktik geändert, sei nach Athen gereist und habe die neue Regierung für deren Reformbemühungen gelobt (hier).

Bini-Smaghi war über viele Jahre Italiens Mann bei der Bundesbank in Frankfurt. Er bestätigt, dass Target2, das interne Verrechnungssystem der EZB, massive Konsequenzen nach sich ziehen könne. So hafte Deutschland für Bundesbank-Kredite in Höhe von 574 Milliarden Euro an die Zentralbanken von Griechenland, Portugal, Irland, Italien, Zypern und Slowenien.

Wenn ein Land die Eurozone verlassen würde, dann würde es mit großer Wahrscheinlichkeit seine Auslandsschulden nicht bezahlen können. „Die Nationalbank wäre nicht in der Lage, die Verpflichtungen zu erfüllen, die sich gegenüber den anderen Mitgliedern des Eurosystems angesammelt haben“, so Bini-Smaghi.

Daher würde die Insolvenz eines Staates, der aus der Eurozone austritt, massive Verluste bei den Zentralbanken und bei den Staaten der Eurozone auslösen. Selbst Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte im vergangenen Jahr, Target2 sei ein „inakzeptables Risiko“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...