Deutschland

EU-Gericht erzwingt Reisepass mit Fingerabdrücken

Der Anwalt Michael Schwarz hat vor dem Europäischen Gerichtshof gegen den neuen Reisepass mit Fingerabdrücken geklagt - und verloren. Zuvor war sein Fall bei deutschen Gerichten vier Jahre lang nicht behandelt worden. Schwarz geht davon aus, dass die Fingerabdrücke irgendwann gespeichert werden - das offizielle Ende des Datenschutzes in der EU.
19.10.2013 02:10
Lesezeit: 2 min

Der Bochumer Anwalt Michael Schwarz kämpft seit Jahren gegen die Regelung, dass Fingerabdrücke für Reisepässe genommen werden. Am Donnerstag scheiterte er. Der Europäische Gerichtshof  entschied für die Abnahme der Fingerabdrücke:

„Zwar stellt die Erfassung und Speicherung von Fingerabdrücken im Reisepass einen Eingriff in die Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten dar, doch sind diese Maßnahmen gerechtfertigt, um die betrügerische Verwendung von Reisepässen zu verhindern.“

Michael Schwarz ist mit der Entscheidung des EuGH nicht einverstanden. „Ich sehe darin einen Eingriff in mein Recht auf informationelle Selbstbestimmung“, sagte Schwarz den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Es werde zwar gesagt, dass durch diese Fingerabdrücke verhindert werde, dass illegale Migranten einen Reisepass von EU-Bürgern missbrauchen. „Faktisch findet illegale Einwanderung aber ganz anders statt. Man sieht das ja an den Flüchtlingen in Lampedusa.“ Daher könne er auch das Urteil nicht nachvollziehen, so Schwarz:

„Darüber hinaus glaube ich nicht, dass der Datenschutz gewährleistet ist. Wenn ich nach Kuwait einreise, werden die wohl einen Zugriff darauf haben und wer versichert mir dann, dass sie die Fingerabdrücke nicht speichern. Und, dass Fingerabdrücke auch hierzulande gespeichert werden, ist nur eine Frage der Zeit.

Als er die Klage im November 2007 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf eingereicht hatte, dachte Schwarz nach eigener Aussage aber nicht nur an seine Rechte als Bürger. „Es hat mich schon motiviert, zu wissen, dass die Sache nicht nur mich allein betrifft, sondern jeden EU-Bürger.“ Es sei einfach eine grundsätzliche Sache, so Schwarz.

Vier Jahre lang unternahm das Verwaltungsgericht jedoch nichts. Deswegen legte Schwarz Verfassungsbeschwerde wegen überlanger Verfahrensdauer ein. Diese Beschwerde lehnte das Bundesverfassungsgericht aber ohne Begründung ab, so Schwarz. Aber immerhin habe sich danach das Verwaltungsgericht insoweit damit beschäftigt, dass es den Fall dem EuGH vorlegte.

Schwarz ist mit der Verfahrensweise des EuGH aber nicht zufrieden. Als deutscher Jurist sei man gewöhnt, dass in solchen Fällen eine dreistufige Güterabwägung vorgenommen werde. „Aber der EuGH prüft die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme nur in zwei Stufen“, so Schwarz. So werde erstens geprüft, ob die Maßnahme geeignet ist, die Zielsetzung der Regierung durchzuführen. Und zweitens werde geschaut, ob die Maßnahme zum Erreichen des Ziels erforderlich ist und nicht ein milderes Mittel auch genügen würde. Im Fall des Reisepasses könnte auch die Iris zur Identifikation genutzt werden, sagt Schwarz. Diese kann wenigstens nicht wie Fingerabdrücke einfach von der Türklinke genommen werden.

Aber die Frage nach der Angemessenheit der Maßnahme klammere der EuGH im Gegensatz zum Bundesverfassungsgericht aus, sagt Schwarz. „Das ist ein Armutszeugnis für die Geltung der Menschenrechte in der EU. Da kann einem angst und bange werden.“ Die Datenschutzkonvention von 1981 existiere nicht mehr, sie stehe nur noch auf dem Papier.

Wie er nun nach dem Urteil des EuGH weiter vorgehen will, weiß Schwarz noch nicht. Zunächst einmal werde nun der Fall an das Verwaltungsgericht Düsseldorf zurückgehen und dieses werde seine Klage ablehnen, so Schwarz. Er wolle dann prüfen, ob es für ihn weitere rechtliche Möglichkeiten gibt – vielleicht beim Bundesverfassungsgericht oder beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

In jedem Fall wolle er sich aber „dem Grenzregime nicht unterwerfen“. Wenn „ich keinen Reisepass ohne meine Fingerabdrücke kriege, dann verzichte ich auf den Reisepass.“ Schließlich tue er dies ja bereits seit 2007.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...