Finanzen

EU muss für Ukraine-Kredite neue Schulden machen

Politische Utopien gibt es nicht geschenkt: Die EU muss ihre eigene Kreditaufnahme verschieben, um abzuwarten, wie die Ratingagenturen auf die neue Lage in Europa reagieren. Erst dann kann das Geld der europäischen Steuerzahler in die Ukraine gepumpt werden. Der IWF hat bereits signalisiert, dass er die neue Verschuldung gut findet. Allerdings hat niemand auch nur den Hauch einer Idee, wie es um die Finanzen der Ukraine wirklich steht.
07.03.2014 17:44
Lesezeit: 2 min

Die milliardenschweren Hilfszusagen an die Ukraine haben Folgen für die Finanzierung der Europäischen Union an den Kapitalmärkten. Ein nächste Woche geplanter Anleihe-Verkauf der EU über 2,6 Milliarden Euro werde erst einmal verschoben, bis die Details des Pakets klar seien, hieß es am Freitag in Finanzkreisen. Zunächst solle abgewartet werden, wie die Ratingagentur Moody's am kommenden Freitag die Kreditwürdigkeit der EU bewerte. Banker spekulierten, die Emission könne erst über die Bühne gehen, wenn klar sei, wie stark die rund elf Milliarden Euro an Hilfen den Kreditbedarf der EU erhöhten.

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am Donnerstag ein Hilfspaket für die mit dem Finanzkollaps kämpfende Ukraine abgesegnet, dass die Kommission zuvor geschnürt hatte. Mit elf Milliarden Euro ist das Paket so groß wie ein ähnliches Versprechen Russlands. Wann es allerdings ausgezahlt wird, ist noch offen. In Kiew forderte der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nach einem Treffen mit dem ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk Taten statt Worte. "Wir können nicht zulassen, dass die politischen Auseinandersetzungen die wirtschaftliche Lage immer schwieriger machen", warnte der SPD-Politiker. Eine Eskalation des Konflikts schade Russland, der Ukraine und auch der Weltwirtschaft.

Die EU beschloss in dieser Woche Strafmaßnahmen, um den Druck auf Russland in dem Konflikt zu erhöhen. "Auf Dauer führen Sanktionen dazu, dass alle darunter leiden", mahnte Gabriel. Den russischen Präsidenten Wladimir Putin, mit dem er am Donnerstag gesprochen hatte, forderte er zum Einlenken auf.

Wie schnell Hilfen für die Ukraine nötig sind, ist umstritten. Über die Finanzsituation der Ukraine gibt es unterschiedliche Darstellungen. Die Übergangsregierung des Landes hatte den Hilfsbedarf bis 2015 vor einigen Tagen auf bis zu 35 Milliarden Dollar geschätzt.

Die Bundesregierung kündigte an, schon in Kürze den politischen Teil des Assoziierungsabkommens mit der Ukraine zu unterzeichnen und dem Land so Handelserleichterungen zu gewähren. Kanzlerin Angela Merkel hatte erklärt: "Wir sind seitens der Europäischen Union ja bereit, 610 Millionen Euro sehr schnell zur Verfügung zu stellen und eine weitere Milliarden Euro aufgrund eines Ratsbeschlusses."

Positive Bewertungen kamen vom Internationalen Währungsfonds (IWF), der eine Schlüsselrolle für die Auszahlung auch der EU-Hilfen spielt. Der Chef der Europa-Abteilung, Reza Moghadam, sagte nach einem zweitägigen Besuch in Kiew, er sei positiv beeindruckt vom Willen und dem Verantwortungsbewusstsein der Ukraine, die Transparenz zu erhöhen und wirtschaftliche Reformen anzugehen. "Der IWF steht bereit, dem ukrainischen Volk zu helfen und ein Wirtschaftsprogramm der Behörden zu unterstützten", sagte er. Die IWF-Abordnung, die seit Dienstag in der Ukraine ist, komme gut voran. Auf Basis ihres Berichts will der Fonds dann entscheiden, ob er dem Land auch mit eigenen Mitteln hilft. Im Gespräch ist ein Sonderprogramm des Fonds für akute Hilfen, das mit nur relativ schwachen Auflagen für das Empfängerland verbunden ist. Von der IWF-Bewertung macht auch die EU ihre Auszahlung im Wesentlichen abhängig.

Es ist bemerkenswert, dass der IWF in der Lage ist, nach einem zweitägigen Besuch eine Wildfremden in Kiew schon ein Urteil darüber zu fällen, ob die Milliarden der Steuerzahler in der Ukraine ein gutes Investment sind oder ein Fass ohne Boden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Generation Z und Handwerk: Glühbirne wechseln? Zu gefährlich! Heimwerker-Nachwuchs mit zwei linken Händen?
23.01.2025

„Do-it-yourself“ wird die Zukunft: Unbesetzte Stellen, hohe Personal- und Materialkosten führen zu monatelangen Wartezeiten und teuren...

DWN
Politik
Politik Messerangriff: Aschaffenburg heute in Schockstarre - Politik fordert Aufklärung nach Gewalttat
23.01.2025

Ein weiterer Messerangriff eines Migranten, erneut mit tragischem Ausgang. Heute könnte der Verdächtige dem Haftrichter vorgeführt...

DWN
Panorama
Panorama Aschaffenburg-Attentat: Was bisher bekannt ist über die Messerattacke in Aschaffenburg
23.01.2025

Zwei Tote, drei Schwerverletzte – die Messerattacke in Aschaffenburg sorgt weiterhin für Entsetzen. Die Polizei ermittelt mit Hochdruck,...

DWN
Immobilien
Immobilien Signa-Gründer René Benko: Festnahme des Immobilienunternehmers angeordnet
23.01.2025

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Der Gründer der insolventen Signa-Gruppe, René Benko, wurde in seiner Villa in Innsbruck...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU kontert Trumps Kritik am Handelsdefizit, erklärt wie die Zusammenarbeit mit der US-Regierung aussehen wird
23.01.2025

US-Präsident Donald Trump nennt in einer Pressekonferenz eine merkwürdige Zahl zum amerikanischen Handelsdefizit mit der EU und droht mit...

DWN
Finanzen
Finanzen Vonovia-Aktie: Warum die Wohnungskrise für die nächste Bundesregierung endlich Priorität haben muss
23.01.2025

Diese Woche wird Rolf Buch, CEO des größten Immobilienkonzerns in Deutschland, die Übernahme der umstrittenen Deutsche Wohnen in Berlin...

DWN
Politik
Politik YouGov-Wahlumfrage: AfD und SPD gleichauf - CDU rutscht ab
22.01.2025

In der neuesten Wahlumfrage von YouGov kann die SPD deutlich zulegen. Die AfD verliert dagegen. Beide Parteien liegen nun gleichauf. Auch...

DWN
Politik
Politik Messerattacke: Aschaffenburg betrauert nach Gewalttat zwei Tote - was wir wissen
22.01.2025

Am Mittwochmittag wurde die Stadt Aschaffenburg von einer schrecklichen Gewalttat erschüttert. Ein 28-jähriger Mann attackierte nach...