Politik

Zu viele Politiker: ZDF-Staatsvertrag ist verfassungswidrig

In den ZDF-Fernsehräten sitzen zu viele Politiker: Das Bundesverfassungsgericht hat daher den ZDF-Staatsvertrag für verfassungswidrig erklärt. Die Bundesländer dürfte nun versuchen, parteinahe Personen aus ihrem Umfeld zu aktivieren. Direkt oder indirekt beschäftigen die Parteien in Deutschland etwa 20.000 Menschen. Das werden sich auch ein paar Räte finden.
25.03.2014 10:33
Lesezeit: 2 min

Der ZDF-Staatsvertrag ist in wesentlichen Teilen verfassungswidrig. Die Regelungen über die Zusammensetzung des Fernsehrats und des Verwaltungsrats des Senders verstoßen gegen die Rundfunkfreiheit, entschied das Bundesverfassungsgericht am Dienstag in Karlsruhe.

Die Normenkontrollanträge der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Hamburg, die einen zu starken Einfluss von Staat und Politik im ZDF beklagt hatten, waren damit erfolgreich. Das Gericht ordnete an, dass die Bundesländer bis spätestens 30. Juni 2015 eine verfassungsgemäße Neuregelung finden müssen.

Anlass für das Karlsruher Verfahren war der Eklat um die gescheiterte Vertragsverlängerung für den ehemaligen ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender. 2009 hatte der von der Union dominierte ZDF-Verwaltungsrat unter Führung des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) den Vertrag Brenders nicht verlängert, obwohl der damalige ZDF-Intendant Markus Schächter für eine Verlängerung plädiert hatte.

Unter den Verfassungsrichtern gab es auch eine abweichende Meinung. Richter Paulus geht der im Urteil geforderte geringere Einfluss des Staates beim ZDF nicht weit genug. Vielmehr lehnt Paulus die Mitwirkung von Politikern in den Aufsichtsgremien des ZDF grundsätzlich ab:

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen dient nicht der Verbreitung staatlicher Informationen, sondern dem Ausdruck der Vielfalt von Meinungen und der gesellschaftlichen Breite des Sendeangebots. Diesen Grundansatz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts halte ich in Einklang mit dem Urteil auch weiterhin für richtig. Das Urteil setzt seinen eigenen Ansatz aber nur zum Teil um, obwohl sich seit dem ersten Fernsehurteil herausgestellt hat, dass die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des Zweiten Deutschen Fernsehens dem Grundsatz der Staatsferne nicht gerecht wird. Die Gremien - und mit ihnen die Anstalten - passen sich der Politik an, nicht die Politik den Aufgaben der Gremien.“

Dass die Parteien ihren Einfluss auf die Sender wirklich reduzieren werden, ist mit dem aktuellen Urteil eher unwahrscheinlich: Viel wahrscheinlicher ist, dass die Sender parteinahe Personen entsenden, die dann in den Räten ihre Interessen vertreten.

Der Journalist Matthew D. Rose  hat die Macht der Parteien untersucht und sagte auf Heise, die Parteien seien "ein Wirtschaftszweig geworden, eine gewinnorientierte Dienstleistung, die einen Service anbietet: die Umwandlung von Partikularinteressen in Gesetze. Sie haben auch viel im Angebot: Förderungen, Subventionen, Steuerbegünstigungen, wirtschaftlich vorteilhafte Bestimmungen und jährlich rund 40 Milliarden Euro in Aufträgen von Bundes-, Landes- und Kommunalregierungen...Insgesamt verfügen diese Parteiunternehmen über Jahresumsätze in Milliardenhöhe und beschäftigen, konservativ berechnet, direkt und indirekt rund 20.000 Menschen."

Da dürften sich sicher ausreichend Willige finden, damit die Parteien die Räte in ihrem Sinn beschicken. Schließlich ist die Aufgabe der Räte die Kontrolle der Journalisten.

Wenn man das Urteil aus Karlsruhe wirklich ernst nähme, müsste die Rolle der Parteien dramatisch reduziert werden.

Wetten, dass das beim ZDF nicht geschieht?

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Fondsmanager warnt: „Gold ist noch immer unterbewertet“
05.06.2025

Der Goldpreis explodiert – doch laut Fondsmanager Erik Strand ist das Edelmetall noch immer unterbewertet. Die wahre Blase?...

DWN
Panorama
Panorama Stromanbieterwechsel 2025: Neue Fristen ab 6. Juni – wichtige Tipps
05.06.2025

Ein Stromanbieterwechsel soll ab dem 6. Juni deutlich schneller gehen – das klingt gut, hat aber Tücken. Welche Chancen und Risiken...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut wächst: Jede sechste Rentnerin in Deutschland lebt in Altersarmut
05.06.2025

Die neuen Zahlen zur Altersarmut in Deutschland sind alarmierend: 2,1 Millionen Rentnerinnen und 1,3 Millionen Rentner leben unterhalb der...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB stützt Konjunktur mit achter Zinssenkung seit Juni 2024
05.06.2025

Die von hohen US-Zöllen bedrohte Wirtschaft im Euroraum darf auf günstigere Kredite hoffen: Zum achten Mal seit Juni 2024 senkt die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erneut mehr Aufträge in der Industrie - Experte: mögliche Trendwende
05.06.2025

In der deutschen Industrie mehren sich Hinweise auf ein Ende der Schwächephase. Im April haben die Industriebetriebe den zweiten Monat in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Börsenboom trotz Pleitewirtschaft: Drei Konzerne täuschen die deutsche Stärke vor
05.06.2025

Während die deutsche Wirtschaft stagniert und die Industrie schwächelt, feiert die Börse Rekorde. Doch hinter dem Höhenflug stecken nur...

DWN
Technologie
Technologie Wenn die künstliche Intelligenz lügt: Wie Sie sich schützen und was KI-Versicherungen bringen?
05.06.2025

Chatbots erfinden Fakten, ruinieren Verträge und blamieren Konzerne – und die Industrie weiß: Das Problem ist nicht lösbar. Jetzt...

DWN
Politik
Politik Altersvorsorgedepot: Kommt die Frühstart-Rente? Zehn Euro pro Monat für jedes Kind geplant
05.06.2025

Die neue Regierung aus Union und SPD plant die Einführung einer Frühstart-Rente ab 2026. Laut Koalitionsvertrag sollen für jedes Kind...