Politik

Hollande will Ex-Finanzminister mit EU-Posten versorgen

Nach dem Rauswurf der alten Regierung sucht Präsident Francois Hollande nach neuen Jobs für seine Parteifreunde. Der geschasste Finanzminister Pierre Moscovici soll EU-Kommissar werden. In Frankreich selbst hat Hollande seine ehemalige Lebensgefährtin Ségolène Royal mit einem Kabinettsposten versorgt.
03.04.2014 00:09
Lesezeit: 2 min

Nach der Kabinettsumbildung in Frankreich strebt der frühere Finanzminister Pierre Moscovici einen Spitzenposten in der EU-Kommission an. Präsident Francois Hollande dürfte dazu in Kürze eine Erklärung abgeben, sagte der sozialistische Politiker am Mittwoch in einem Interview des Senders France 3.

Die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr aus Regierungskreisen, dass Hollande den 56-Jährigen voraussichtlich als französischen Kandidaten für das Amt eines EU-Kommissars vorschlagen werde. Moscovici sagte, mit einem Spitzenposten in Brüssel würde seine Rolle beim Kampf gegen die Schuldenkrise in Griechenland und Zypern gewürdigt. Außerdem verwies er darauf, dass Frankreich dank seiner Hilfe zwei Jahre mehr Zeit bekommen hat, das Haushaltsdefizit unter die vorgeschriebene EU-Marke von drei Prozent im Vergleich zur Wirtschaftsleistung zu drücken.

Hollande hatte die Regierung nach der französischen Kommunalwahl umgebildet. Dabei musste seine Partei viele Wahlkreise an die Konservativen abgeben. Moscovici ging bei der Neuverteilung der Posten leer aus.

Die EU-Kommission wird nach der Wahl zum Europaparlament im Mai neu zusammengesetzt. Die Vorschläge für die Kommissare kommen von den Mitgliedstaaten. Frankreich war bisher mit dem Binnenmarktkommissar Michel Barnier vertreten, der den Konservativen angehört.

Nach der Schlappe bei den Kommunalwahlen holt Frankreichs Präsident Francois Hollande überraschend seine Ex-Lebensgefährtin Segolene Royal in die neue Regierung. Das am Mittwoch bekanntgegebene politische Comeback der Sozialistin als Umwelt- und Energieministerin verblüfft, nachdem sich das Paar vor Jahren im Zorn getrennt hat. Beide haben vier gemeinsame Kinder. Royal, die Hollande mangelnden Reformeifer vorgeworfen hat, kandidierte 2007 selbst für das höchste Amt im Staat, verlor damals aber gegen den Konservativen Nicolas Sarkozy. Hollandes Privatleben war jüngst ins Scheinwerferlicht gerückt: Er trennte sich von der Journalistin Valerie Trierweiler, für die er einst Royal verlassen hatte.

Mit dem neuen Kabinett versucht Hollande nach der Niederlage bei den Kommunalwahlen einen Befreiungsschlag: Der neue Ministerpräsident Manuel Valls gilt als Hoffnungsträger, da er anders als Hollande populär ist und zudem als durchsetzungsstark gilt. Wie das Präsidialamt mitteilte, wird der bisherige Arbeitsminister Michel Sapin das Finanzressort übernehmen. Im neuen Amt wird der Vertraute Hollandes mit der Aufgabe konfrontiert, die Defizitauflagen der EU einzuhalten. Dabei kann er offenbar nicht mehr wie sein Vorgänger Pierre Moscovici auf mehr Spielraum hoffen.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mahnte die Regierung in Paris zur Haushaltsdisziplin. "Ich will gerne darauf verweisen, was EU-Kommissar Olli Rehn gesagt hat, dass nämlich Frankreich seine Verpflichtungen kenne und die Frist im laufenden Verfahren schon zweimal verlängert worden sei", sagte Schäuble bei einem Treffen der EU-Ressortchefs in Athen. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ergänzte, er setze darauf, dass die EU-Kommission ihren Ermessensspielraum eng auslege. Die EU-Partner haben Hollande bereits zwei Jahre mehr Zeit gegeben, um das Defizit unter die erlaubte Obergrenze von drei Prozent zu drücken. Das soll nun bis Ende 2015 gelingen. Ist auch dieses Ziel in Gefahr, würde sich Frankreich weiteren Ärger mit der Europäischen Kommission einhandeln.

Doch der von Brüssel geforderte Sparkurs trifft im linken Flügel der Sozialistischen Partei Hollandes auf Widerstand. Dieser will als Konsequenz aus der Wahlniederlage die Wirtschaftsreformen aufgeben und auf die Erfüllung des EU-Defizitziels verzichten. Mit Arnaud Montebourg erhält nun ein prominenter Vertreter des linken Flügels mehr Kompetenzen im neuen Kabinett: Er wird Minister für Industrieförderung und Wirtschaft.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...