Politik

Bilanz-Skandal: Gericht stellt Strafprozess gegen Ex-Vorstand der LBBW ein

Beim Bilanzskandal der LBBW im Zug der Finanzkrise ist das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass die Aufsicht versagt habe. Weil die Politik die Manager habe gewähren lassen, wurden sie nicht verurteilt, sondern kommen mit einer symbolischen Strafe davon.
25.04.2014 01:01
Lesezeit: 2 min

Der Strafprozess gegen den ehemaligen Vorstand der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) wegen angeblicher Bilanzfälschung wird nach gut zwei Monaten eingestellt. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft stimmte am Donnerstag einem Vorschlag von Richter Hartmut Schnelle zu, das Verfahren gegen Ex-LBBW-Chef Siegfried Jaschinski und acht andere Angeklagte gegen Zahlung einer Geldauflage zu beenden. Die Staatsanwaltschaft hatte den Angeklagten vorgeworfen, die prekäre Lage der größten deutschen Landesbank vor ihrer Beinahe-Pleite 2009 verschleiert zu haben. Zwei Gutachter entkräfteten die Vorwürfe vor Gericht jedoch weitgehend.

Richter Schnelle regte deshalb vor zwei Wochen eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage an. Jaschinski, der als Vorstandschef die größte Verantwortung trug, soll 50.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung überweisen. Die anderen Bankvorstände müssen jeweils 40.000 Euro berappen, zwei mitangeklagte Wirtschaftsprüfer jeweils 20.000 Euro. "Vor dem Hintergrund der beruflichen und persönlichen Belastung haben meine Ex-Kollegen und ich der Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage zugestimmt", sagte Jaschinski. "Gleichwohl halten wir an unserer Auffassung fest, absolut korrekt gehandelt zu haben." Jaschinski war 2009 als LBBW-Chef abgetreten und arbeitet heute für die Frankfurter Investmentbank Main First.

Michael Horn, der als einziger Angeklagter noch bei der LBBW angestellt ist, darf nach dem Urteil hoffen, seine Arbeit als stellvertretender Vorstandschef bei der Landesbank wieder aufzunehmen. "Wir begrüßen den heutigen Beschluss des Gerichts und freuen uns für Herrn Horn, dass dieses belastende Kapitel für ihn nun beendet ist", erklärte die LBBW. Der Aufsichtsrat, der Horn wegen des Prozesses im November 2013 freigestellt hatte, werde sich in Kürze mit der Angelegenheit befassen.

Der Prozess war eine von mehreren juristischen Auseinandersetzungen in Deutschland, in denen um die Verantwortung für Fehlverhalten vor oder während der Finanzkrise gestritten wird. Auch ehemalige Manager der BayernLB, der HSH Nordbank und der Mittelstandsbank IKB mussten sich schon vor Gericht verantworten. Diverse Ermittlungsverfahren laufen noch.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte den sieben Bankmanagern vorgeworfen, die wahre Lage der LBBW verschleiert zu haben, weil sie Zweckgesellschaften 2005 und 2006 nicht in ihrer Bilanz berücksichtigte. Zudem habe das Geldhaus im Geschäftsbericht 2008, als bereits über Rettungsmaßnahmen der Eigentümer beraten wurde, nicht offen eingeräumt, dass der Bestand der Bank bedroht sei. Die LBBW hatte sich mit riskanten Papieren verspekuliert und war 2009 von ihren Eignern - dem Land Baden-Württemberg, den dortigen Sparkassen und der Stadt Stuttgart - mit einer Kapitalspritze von fünf Milliarden Euro vor dem Aus gerettet worden.

Richter Schnelle hielt beim Prozessauftakt im Februar noch wesentliche Vorwürfe der Staatsanwaltschaft für gerechtfertigt. Nach der Aussage zweier Gutachter änderte er jedoch seine Meinung. Aus Sicht der Gutachter hat sich durch die Nicht-Bilanzierung der Zweckgesellschaften am Gesamtbild der Bank kaum etwas geändert. Die Bilanzierung 2008 sei zwar fragwürdig gewesen, die Aufsicht habe sie jedoch durchgehen lassen, weil sie noch nicht geübt gewesen sei im Umgang mit damals neu eingeführten Aufsichtsregeln. Viele Banken hätten diesen Freiraum damals ausgenutzt.

Das Verfahren gegen die Banker ist nach der Einigung von Donnerstag zunächst vorläufig eingestellt, wie ein Sprecher der Stuttgarter Staatsanwaltschaft erläuterte. Sobald das Geld überwiesen sei, werde das Verfahren dann auf schriftlichem Weg endgültig abgeschlossen, fügte er hinzu. "Alle Verfahrensbeteiligten haben dem zugestimmt."

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Tesla: Wie Elon Musk seine eigene Konkurrenz großzog
19.07.2025

Elon Musk wurde in China gefeiert, hofiert und mit Privilegien überschüttet – doch während Tesla half, Chinas E-Auto-Industrie...

DWN
Technologie
Technologie Lokale Rechenzentren: Auslaufmodell oder Bollwerk digitaler Souveränität?
19.07.2025

Cloud oder eigenes Rechenzentrum? Unternehmen stehen vor einem strategischen Wendepunkt. Lokale Infrastruktur ist teuer – aber oft die...

DWN
Panorama
Panorama Rentenvergleich: So groß ist der Unterschied zwischen Ost und West
19.07.2025

Im Osten der Republik erhalten Frauen im Schnitt deutlich mehr Rente als im Westen. Jahrzehntelange Unterschiede in der Erwerbsbiografie...

DWN
Finanzen
Finanzen Erbe aufteilen: So sichern Sie den Verbleib Ihres Partners im gemeinsamen Haus
19.07.2025

Sind Sie wiederverheiratet und haben Kinder aus früheren Beziehungen? Dann ist besondere Vorsicht geboten, wenn es darum geht, Ihr Erbe...

DWN
Finanzen
Finanzen Unser neues Magazin ist da: Kapital und Kontrolle – wem gehört Deutschland?
19.07.2025

Deutschland ist reich – doch nicht alle profitieren. Kapital, Einfluss und Eigentum konzentrieren sich zunehmend. Wer bestimmt wirklich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung: Wann Verspätungszuschläge unzulässig sind
19.07.2025

Viele Steuerzahler ärgern sich über Verspätungszuschläge, wenn sie ihre Steuererklärung zu spät abgeben. Doch nicht immer ist die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...