In der Türkei wächst nach dem schweren Grubenunglück in der Stadt Soma die Wut auf die Regierung von Ministerpräsident Tayyip Erdogan. In Istanbul kam es am Donnerstag bei Protesten zu Zusammenstößen mit der Polizei. Demonstranten warfen Feuerwerkskörper und Brandsätze auf die Beamten. Die Polizisten gingen mit Gummigeschossen und Rauchgranaten gegen die aufgebrachten Menschen vor.
Erdogans Gegner werfen dem Premier vor, dass die Regierung zu enge Verbindungen zu den Bergwerksbetreiber habe und nichts gegen Sicherheitsmängel in den Zechen unternehme. Bei einem Besuch in Soma am Mittwoch hatte Erdogan zwar sein Bedauern geäußert, aber auch gesagt, solche Unglücke geschähen nun mal.
Ein am Mittwoch aufgenommenes Amateurvideo zeigt, wie Erdogan bei seinem Besuch in Soma ausgebuht wird. Lautstark fordern die Protestierenden den Rücktritt des Premiers. Erdogan selbst flüchtet in einen Supermarkt und pöbelt dort offenbar einen der Demonstranten an. Seine Sicherheitskräfte schlagen auf den Mann ein. Für Empörung sorgte auch das im Internet verbreitete Foto eines Beraters Erdogans, der anscheinend einen am Boden liegenden Demonstranten mit einem Fußtritt traktierte (mehr hier).
An der Unglücksmine dauerten am Freitag die Rettungsarbeiten an. Bis Donnerstag wurden mehr als 280 Tote geborgen. Rund 100 Arbeiter wurden noch unter Tage vermutet. Der türkische Energieminister sagte am Freitag aber, es sei unwahrscheinlich, dass die Zahl der Opfer mehr als 302 übersteigen werde, er gehe davon aus, dass sich noch etwa 18 Menschen in der Kohlegrube befänden. Was die Katastrophe am Dienstag genau ausgelöst hat, ist bislang unklar.