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Krim-Einsatz: Nato-Offiziere bewundern taktische Überlegenheit der Russen

Die Nato ist klammheimlich begeistert von der russischen Taktik in der Ukraine. Sicherheitsbeamte als auch Mitglieder von Geheimdiensten sind sich einig: Moskau hat einen brillanten Feldzug geführt. Die Russen seien dem Westen stets einen Schritt voraus, sagen Militärs anerkennend. Voll Neid auf die üppigen Militärbudgets sprechen die Nato-Offiziere von einem „meisterhaften“ Stil der modernen Kriegsführung.
09.06.2014 11:57
Lesezeit: 2 min

Die Nato äußert sich hinter vorgehaltener Hand begeistert über die Kriegsführung der Russen in der Ukraine: Moskau praktiziere die perfekte Mischung eines modernen Einsatzes. Kleine Gruppen, anonyme Kämpfer, äußerste Disziplin und Cyber-War. Bei der Nato blickt man voll Neid auf die russischen Fertigkeiten. Westliche Militärbeobachter sprechen sogar einem „meisterhaften“ Stil der modernen Kriegsführung, wie die FT berichtet.

„Ich war beeindruckt. Diese ausgezeichnete Vorgehensweise. Das war eine präzise und perfekt kalibrierte Operation (…) - leise, aber tödlich effektiv“, zitiert die FT den britischen Militärexperten Jonathan Eyal. Der Westen sei von Anfang an unvorbereitet gewesen, so die Einschätzung des Direktors für internationale Studien am Londoner Royal United Services Institute.

Westliche Experten sind vor allem vom Varianten-Reichtum der Russen angetan: „Auf der Krim gab es eine geschickte Konzentration der Kräfte. In der Ost-Ukraine sind es spezialisiertere Einheiten. Es ist eine kleine Anzahl – eine sehr kleine Anzahl“, so ein hochrangiger Nato-Offizier zur Financial Times. Die Söldner würden ihre Arbeit erledigen und sehr schnell wieder verschwinden. Dann würde das Feld den Milizen überlassen. Beispielhaft für diese Vorgehensweise seien etwa sechs Mann starke Gruppen, die mit teurem russischen Gerät ausgestattet seien. Sie trügen Scharfschützengewehre vom Typ WSS-Wintorez und seien angezogen wie Spezialkräfte. Sie wurden dabei beobachtet, wie sie Rebellen unterstützten.

Eine besondere Rolle spielen die Agenten der russischen Aus- und Inlands-Geheimdienste SWR und FSB. Sie tauchen als Zivilisten auf. Die Nato gluabt jedoch, sie aufgrund ihres Einsatzgebietes, ihrer Körpersprache und ihres Verhaltens identifiziert zu haben. Noch gibt es nur Indizienbeweise. Aber: „Für Russland ist die Ukraine eine innere Angelegenheit“, so Nigel Inkster, ehemalige Nummer 2 im britischen MI6.

Besonders ins Schwärmen geraten die Nato-Leute, wenn es um die Ausrüstung der Truppen geht: Moskau habe jedoch stets in die Truppenbetreuung und in die Geheimdienste investiert. Nun mache sich das Investment bezahlt: Die einzelnen Teile greifen perfekt ineinander. Der Inkster, heute IISS-Direktor für transnationale Bedrohungen und politisches Risiko, bezeichnet das Geschehen als „klassische Technik“ des FSB. Solche Taktiken wie „Planung, Anstiftung, Organisation der lokalen Kräfte und Spionage“ könnten ohne großes Personal durchgeführt werden.

In Nato-Kreisen ist man überzeugt: Der Ablaufplan der separatistischen Angriffe erfordert eine „führende Hand“. Zunächst griffen die Milizen Regierungsgebäude und Kommunikationszentren an. Dann ging es an zentrale Versorgungspunkte und schließlich an militärische Anlagen. Gleich mehrmals wurden ukrainische Truppen überlistet. So geschehen vergangenen Monat in Konstantinowka und erst vergangene Woche im Fall zweier ukrainischer Militärbasen in Lugansk. Zuletzt haben prorussische Separatisten am Samstagabend und Sonntagmorgen offenbar versucht, den internationalen Flughafen von Lugansk anzugreifen und die Stromversorgung zu kappen. Er ist eine der wenigen Einrichtungen in der ostukrainischen Region, die unter Kontrolle der ukrainischen Streitkräfte steht.

Bei blutigen Kämpfen um den Flughafen von Donezk waren zuvor bereits Ende Mai gut 40 Menschen ums Leben gekommen. Hinter all diesen Erfolgen steht der Nato zufolge eine gut ausgestattete Geheimdienst-Maschinerie. Ein Umstand, der den Westen wahrscheinlich am meisten beeindruckt haben dürfte.

Eine besondere Rolle in der Taktik Moskaus spielt der Cyber-War. So wird angenommen, dass Russland für Viren-Programm „Snake“ verantwortlich zeichnet. Das Programm infiziert Rechner in Europa und den USA. Die Raffinesse soll größer als bei allen bisher bekannten Schadprogrammen sein. „Es ist eine ausgeklügelte Malware, die mit anderen russischen Exploits verlinkt ist, Verschlüsselung nutzt und auf westliche Regierungen abzielt. Das sind überall russische Fingerabdrücke“, zitiert das Fachportal itexperst den einstigen Offizier des amerikanischen Auslandsdienstes und nun leitendem Wissenschaftler am Center for Strategic and International Studies in Washington, Jim Lewis. Infiziert wurden mittlerweile auch Hunderte, möglicherweise Tausende ukrainische IT-Systeme. Die Hacker haben nun ungehindertern Zugang zu den Daten. Moskau selbst schweigt hierzu.

„Wir würden das Ganze als eine infiltrierende Operation bezeichnen“, so ein hochrangiger Nato-Offizier. „Russland hat sehr wirksam alle Werkzeuge der Macht eingesetzt: Informationen, Diplomatie, Politik, militärische und ökonomische Macht - sowohl offen als auch unkonventionell.“

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