Finanzen

US-Geheimdienste und Banken wollen Cyber-Kriegs-Rat gründen

Banken und Geheimdienste fordern die Schaffung eines „Cyber-Kriegs-Rats“. In dem neuen Gremium sollen Wall-Street-Konzerne und US-Behörden enger zusammenarbeiten. Sie sollen Hacker-Angriffe auf das Finanzsystem frühzeitig erkennen und notfalls präventiv bekämpfen.
10.07.2014 01:26
Lesezeit: 2 min

Führende Wall-Street-Firmen setzen sich für die Schaffung einer Behörde für Cyber-Sicherheit ein. Die neue Behörde namens „Cyber-Kriegs-Rat“ soll Hacker-Angriffe auf Banken verhindern und notfalls auch präventiv bekämpfen. Unterstützt wird das Vorhaben vom ehemaligen Chefs des US-Geheimdienstes NSA.

Ehemalige Mitarbeiter der Geheimdienste und Bundesbehörden sind ein wichtiger Bestandteil der Cyber-Security-Industrie. Die Wall Street kauft sich die Kontakte und das Wissen der Ex-Geheimdienstler ein, um an lukrative staatliche Aufträge zu gelangen. Sie nutzen dabei das Mittel der Öffentlich-Privaten-Partnerschaften für den direkten Zugang zu den Steuergeldern. Es ist angesichts dieser Verschmelzung von Geheimdiensten, Wall-Street-Firmen und US-Regierung fast unmöglich noch die genauen Grenzen jedes einzelnen Sektors auszumachen.

Der ehemalige NSA-Chef Keith Alexander ist seit seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst als Sicherheitsberater für die Wall Street tätig. Für ein monatliches Honorar von einer Million Dollar bereitet er Finanzinstitute auf die Bedrohungen durch Hacker-Angriffe vor. Dafür hat Alexander die Firma IronNet Cybersecurity Inc. gegründet (mehr hier).

„Es wäre verheerend, wenn eine unserer großen Banken getroffen würde, weil sie so stark miteinander vernetzt sind“, zitiert Bloomberg den Ex-NSA-Chef.

Auch Ex-Chef des Department of Homeland Security (DHS) Michael Chertoff profitiert durch private Sicherheitsfirmen seit Jahren vom „Krieg gegen den Terror“. Er lässt keine Gelegenheit aus, auf die Omnipräsenz des internationalen Terrorismus hinzuweisen und für rigorose Sicherheitsmaßnahmen zu werben. Seine Firma, die Chertoff Group, profitiert dabei direkt von seiner Lobbyarbeit, wie die Huffington Post berichtet.

Chertoff gründete das Unternehmen nach seinem Ausscheiden aus dem DHS und warb gleich mehrere hochrangige Mitglieder von der US-Behörde sowie Ex-CIA-Chef Michael Hayden ab. Die Chertoff Group fungiert als Schnittstelle zwischen der US-Regierung und der Sicherheitsindustrie. So verschaffte sie ihren Kunden lukrative staatliche Aufträge, zum Beispiel für die massenhafte Installation von Nacktscannern an US-Flughäfen.

Eine der einflussreichsten Lobbygruppen an der Wall Street im Bereich Cyber-Sicherheit ist die Securities Industry and Financial Markets Association (SIFMA). Die Gruppe vertritt die Interessen von Hunderten US-Konzernen und agiert als Bindeglied zwischen Sicherheitsunternehmen und Banken. SIFMA arbeitet auch eng mit Keith Alexanders Unternehmen und der Chertoff Group zusammen.

Die Lobbygruppe SIFMA wirbt bei der US-Regierung für eine neue Cyber-Behörde. Diese soll Hackerangriffe auf das Finanzsystem frühzeitig erkennen und abwehren. Das Gremium soll aus Sicherheitsexperten von acht verschiedenen US-Behörden bestehen, darunter auch das US-Finanzministerium, NSA und DHS. Geführt werden soll der sogenannte „Cyber-Kriegs-Rat“ von einem Vertreter des Weißen Hauses.

Die Vertreter von SIFMA bemühen sich dabei, ein möglichst düsteres Bild über die Bedrohung für die Finanzindustrie durch Hackerangriffe zu zeichnen. Die nächste Welle von Cyber-Attacken stehe „mittelfristig“ bevor und werde deutlich zerstörerischer ausfallen als bisher. So sei denkbar, dass „Bilanzen und Konten auf null gesetzt werden“ und so finanzielle Massenpaniken auslösen.

„Die systemischen Konsequenzen könnten verheerend für die Wirtschaft sein. Der Vertrauensverlust in die Sicherheit von Privat- und Firmenguthaben könnte einen weitreichenden Ansturm auf Finanzinstitute auslösen, der sich vermutlich über die direkt betroffenen Banken, Sicherheitsfirmen und Vermögensverwalter hinaus ausdehnt“, zitiert Bloomberg aus einem Dokument der Lobbygruppe.

SIFMA zeigt sich in dem Dokument besorgt, dass die Finanzindustrie nicht ausreichend auf solche Cyber-Angriffe vorbereitet ist. Hacker-Angriffe, die Bankkonten auf null setzen, seien demnach „nur eine Frage der Zeit“. Die Regierung müsse klären, ob der Einlagensicherungsfonds in diesem Fall für die Verluste aufkommt. Im Endeffekt könne jedoch nur eine gemeinsame Behörde mit entsprechenden Finanzmitteln die Cyber-Bedrohungen rechtzeitig erkennen und dagegen vorgehen, notfalls auch präventiv.

„Das könnte tatsächlich dazu führen, dass Banken Teil eines Kriegsrates werden. Der Kongress sollte im Augen behalten, was für Auswirkungen dies haben könnte“, sagte der demokratische Abgeordnete Alan Grayson.

Die Lobbyarbeit von SIFMA und Ex-NSA-Chef Alexander trägt in Washington bereits erste Früchte. Die US-Regierung kündigte bereits an, 6.000 neue Mitarbeiter für Cyber-Sicherheit einzustellen (hier). Darüber hinaus plant der Geheimdienst-Ausschuss die Verabschiedung eines Gesetzes , dass die Zusammenarbeit vom Finanzsektor und mit US-Behörden ausweitet. So sollen Banken künftig bei der Weitergabe von sensiblen Kundendaten von juristischen Konsequenzen befreit werden, wenn die Informationen der Cybersicherheit dienen.

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