Deutschland

Deutschland: Jeder Arbeiter muss die Hälfte des Jahres für den Staat arbeiten

Die Deutschen müssen mehr als die Hälfte ihrer Einkommen an den Staat abgeben. Rein rechnerisch arbeiten sie dieses Jahr erst seit dem 8. Juli für das eigene Portemonnaie, so der Bund der Steuerzahler. Er fordert daher unter anderem die Abschaffung der kalten Progression.
13.07.2014 00:22
Lesezeit: 2 min

Bis zum 8. Juli haben die Deutschen rein rechnerisch für den Staat gearbeitet. Über Steuern und Soziallasten müssen sie dieses Jahr erneut mehr als die Hälfte ihrer Einkommen abgeben.

Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler (BdSt) liegt die sogenannte „Einkommens-Belastungsquote“ im Jahr 2014 bei 51,5 Prozent. Diese Quote gibt an, welchen Teil ihres Einkommens die Deutschen durchschnittlich an den Staat abführen müssen. Die Steuerlastquote liegt dieses Jahr bei 31,5 Prozent, die Soziallastquote bei 20 Prozent.

Rein rechnerisch arbeiten die Deutschen also erst seit 8. Juli um 1:09 Uhr wieder für das eigene Portemonnaie. BdSt-Präsident Reiner Holznagel hält die steuerliche Belastung für zu hoch. „Angesichts der hohen Einkommensbelastung durch Steuern und Abgaben fordere ich die Bundesregierung auf, endlich Entlastungen zu beschließen.“

Der BdSt fordert etwa einen Abbau des Solidaritätszuschlags, eine Senkung der Stromsteuer und eine Rückgabe der Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitrag an die Bürger und Unternehmen. Im Einkommensteuerrecht müsse zudem die kalte Progression beseitigt werden.

Die kalte Progression ist eine Folge der steuerlichen Progression. Diese regelt, dass Reiche einen größeren Teil ihres Einkommens abgeben müssen als Arme. Doch aufgrund der Inflation gelten immer mehr Leute als reich. Die Steuerprogression ist neben dem Schaffen von Zentralbanken eine der Forderungen des Kommunistischen Manifests, die sich bereits erfüllt haben.

In anderen Ländern gibt es gesetzliche Regelungen, um die kalte Progression zu vermeiden oder abzumildern. So passen 18 von insgesamt 30 OECD-Staaten den Einkommensteuertarif an die Preis- oder Inflationsentwicklung an. Der BdSt fordert dies auch für Deutschland:

„Die bekannteste Methode zur Vermeidung der kalten Progression ist die Indexierung der Einkommensteuer. Dabei werden die Tarifeckwerte und zum Teil auch die Steuerabzugsbeträge an einen Indexwert, z. B. den Verbraucherpreisindex, angepasst. Durch dieses „Mitwachsen“ von Tarifeckwerten und Abzugsbeträgen wird vermieden, dass Lohnzuwächse, die lediglich die Inflationsrate ausgleichen, zu einer prozentual höheren Steuerlast führen.“

Allerdings zeigen die eigenen Zahlen des BdSt, dass die Belastung durch Steuern und Abgaben seit vielen Jahrzehnten annähernd konstant ist. Seit dem massiven Anstieg der Soziallast in den 70er Jahren liegt die Belastung der Einkommen stets nahe der 50 Prozent. Dieses Jahr mussten die Deutschen rechnerisch sogar einen Tag weniger für den Staat arbeiten als 2013.

Ein Grund für diese stabile Belastung durch Steuern und Abgaben ist die Staatsverschuldung. Die offiziellen Staatsschulden haben sich von 64 Milliarden im Jahr 1970 auf heute mehr als 2 Billionen Euro erhöht.

Das fortgesetzte Schuldenmachen hat es den Regierungen erlaubt, die staatlichen Ausgaben immer weiter zu steigern, ohne den Wählern die Rechnung dafür präsentieren zu müssen. Alle Beteiligten haben die Probleme einfach hinausgeschoben.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass Steuern und Abgaben steigen. Dies ergibt sich schon aus der demografischen Entwicklung. Wenn ein immer kleinerer Teil der Leute arbeitet und ein immer größerer Teil in Rente ist, dann ist mit einer Steigerung der Steuern und Abgaben zu rechnen. Die Alternativen dazu wären Altersarmut oder das lebenslange Arbeiten (mehr hier).

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Tesla übergibt erste Robotaxis in den Einsatz
24.06.2025

Elon Musk schickt die ersten selbstfahrenden Robotaxis auf die Straße – ohne Fahrer, aber mit vielen Fragezeichen. Warum das Experiment...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lieferkettengesetz: EU-Staaten streben deutliche Abschwächung an
24.06.2025

Die EU-Staaten streben eine erhebliche Abschwächung der geplanten europäischen Lieferkettenrichtlinie an. Unternehmen sollen künftig nur...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krieg als Börsengeschäft: So profitieren Konzerne vom Iran-Angriff
24.06.2025

Die USA greifen Irans Atomanlagen an – mit Waffen von börsennotierten Giganten wie Boeing und Northrop Grumman. Hinter dem Angriff...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Nintendo-Aktie im Höhenflug: Trumps Zölle befeuern Switch-Hype
24.06.2025

Die neue Nintendo Switch 2 verkauft sich schneller als jede Konsole zuvor. Doch hinter dem Rekord-Launch steckt mehr als Nostalgie: Die...

DWN
Politik
Politik Bundeshaushalt beschlossen: Kabinett billigt Etat - hohe Schulden und steigenden Militärausgaben
24.06.2025

Der Haushaltsentwurf von Finanzminister Klingbeil hat die Zustimmung des Kabinetts erhalten. Die neue Bundesregierung plant umfangreiche...

DWN
Politik
Politik Waffenruhe zwischen Iran und Israel brüchig – neue Angriffe trotz Abkommen
24.06.2025

Trotz einer offiziell vereinbarten Waffenruhe haben sich Israel und der Iran gegenseitig militärischer Angriffe beschuldigt. Bereits kurz...

DWN
Politik
Politik EU will Greenwashing-Kontrollen kippen – auf Druck der Rechten?
24.06.2025

In Brüssel tobt ein erbitterter Machtkampf: Das geplante Gesetz gegen Greenwashing droht am Widerstand konservativer und rechter Kräfte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Batteriemarkt in der Krise: Rückgang bei E-Autos trifft deutsche Industrie hart
24.06.2025

Der deutsche Batteriemarkt ist 2024 erstmals seit Jahren massiv eingebrochen – eine direkte Folge der schwachen Nachfrage nach E-Autos....