Politik

Milizen des Rechten Sektors stellen der Ukraine ein Ultimatum

In der Ukraine droht die Allianz zwischen der regulären Armee und den Milizen des Rechten Sektors zu zerbrechen. Präsident Poroschenko wird ein Ultimatum gestellt: Die Rechten wollen ihre beschlagnahmten Waffen zurück, verhaftete Rechte müssten freikommen und das Innenministerium in Kiew müsse Mitarbeiter entlassen, die heimlich die Rebellen im Osten unterstützten. Der Streit könnte zu schweren Verwerfungen an der Front im Osten führen.
18.08.2014 00:05
Lesezeit: 3 min

Die Ukraine bleibt dabei, dass ihre Armee russisches Kriegsmaterial zerstört habe. Russland streitet das vehement ab. Im Ukraine-Konflikt bleibt ein wichtiger Akteur bislang unbeachtet: Es sind paramilitärische Einheiten des radikalen Rechten Sektors, die die ukrainischen Streitkräfte beim Kampf gegen die Separatisten unterstützen. Kiew hat diese Bataillone allerdings nicht mehr im Griff.

Nun könnte die Allianz zerbrechen: In einem Brief haben die Milizen des Rechten Sektors ein Ultimatum von 48 Stunden gestellt. Wenn die Ukraine bis dahin den Extremisten nicht ihre von der Armee beschlagnahmten Waffen aushändigt und einige Gefangene freilässt, wollen die Milizen der Ukraine die Zusammenarbeit aufkündigen und den Kampf einstellen. Der Rechte Sektor verlangt, dass die Ukraine alle Mitarbeiter aus dem Innenministerium entlassen solle, die nach Auffassung der Rechten gegen die Ukraine und verdeckt für die Rebellen im Osten arbeiteten. Ein bewaffneter Kampf gegen Kiew wird dagegen, wie von russischen Medien dargestellt, in dem Brief nicht angekündigt. Russland hat ein natürliches Interesse, dass es zu einer Spaltung der Kämpfer auf ukrainischer Seite kommt.

Während sich Russland und die Ukraine an der gemeinsamen Grenze gegenüberstehen und die ukrainischen Streitkräfte gegen die Rebellen kämpfen, gibt es noch eine weitere Partei, die in dem Konflikt eine maßgebliche Rolle spielt. Das ukrainische Militär lässt sich von vor allem beim Häuserkampf von paramilitärischen Milizen unterstützen. Diese Freiwilligenverbände sind offiziell Sondereinheiten der Polizei. Das Vorgehen von Militär und Miliz ist in der Ostukraine so koordiniert:

„Die reguläre Armee bombardiert separatistischen Stellungen aus der Ferne. Die Angriffe werden gefolgt von chaotischen, gewalttätigen Übergriffen von etwa ein paar Dutzend paramilitärischen Gruppen, die um Donezk herum stationiert sind. Diese sind bereit, die Stadt in den Kampf zu stürzen.

Die Behörden in Kiew behaupten, dass die Milizen und die Armee ihre Maßnahmen koordinieren, aber die Milizen, etwa 7.000 Kämpfer, sind wütend und manchmal auch unkontrollierbar. Eine als Bataillon Asow bekannte Gruppe, die die Stadt Marinka einnahm, hatte eine Fahne, deren Symbol dem Hakenkreuz ähnelt“, berichtet die New York Times.

Von den rund 30 angeführten Bataillon ist „Asow“ die auffälligste. Über die offizielle Sondereinheit der Polizei berichtet die Frankfurter Rundschau in einer Reportage. Der Moskau-Korrespondent der Zeitung sprach mit dem Kommandeur dieser Einheit. Der Mann saß vor einem halben Jahr noch wegen Extremismus-Vorwürfen in Charkow in Untersuchungshaft. Er ist gleichzeitig Führer der rechtsextremen „Sozial-Nationalen Versammlung“ (SNA).

Nachdem der Maidan mit starker Unterstützung der rechten Nationalisten gewonnen hatte, amnestierte das neue Parlament den Mann als „politischen Gefangenen“. Das Innenministerium begann kurz darauf Freiwilligeneinheiten aufzustellen, zu denen er sich meldete. Nun ist er Kommandeur und jeder in der Einheit trägt das Hakenkreuz-ähnliche Symbol der SNA an seiner Uniform. Zusammensetzten soll sich die Einheit aus Kämpfern aus ganz Europa, „vom Süden bis Irland und Skandinavien“, zitiert ihn die Zeitung.

Die ukrainische Armee ist auf die Hilfe der paramilitärischen Milizen angewiesen, weil das Militär im Nahkampf schlecht ist. Bei erneuten Gefechten in der Ostukraine sind nach Angaben der Separatisten allein am Freitag 30 Angehörige der Regierungstruppen getötet worden. Die Soldaten seien in der Region Luhansk unweit der russischen Grenze unter Beschuss der Rebellen gekommen, hieß es am Samstag auf einer von Separatisten betriebenen Internet-Seite. Die Milizen sollen die ukrainische Armee den Häuserkampf abnehmen. Doch einige Einheiten sind augenscheinlich Neonazis und Ultranationalisten.

Kiew rüstet die Spezialeinheiten nicht mit schwerem Gerät aus, wie die FR in ihrer Reportage berichtet. Das meiste werde ihnen von Freiwilligen geschenkt. Daher ist auch nicht klar, mit welchen gepanzerten Fahrzeugen oder Waffen die Milizen vorgehen.

Die Ukraine bleibt dabei, dass ihr Militär in der Nacht auf Samstag russisches Armee-Material zerstört habe. Diese Aussage sei von der Nationalen Sicherheitsbehörde und dem Verteidigungsministerium bestätigt. Das berichtet die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform. Russland hat den die angebliche Grenzüberschreitung von Beginn an abgestritten (mehr dazu hier).

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach von einem „russischen Übergriff“ auf das Gebiet der Ukraine. Das bestätige, dass es einen kontinuierlichen Fluss von Waffen und Kämpfern aus Russland in die Ostukraine gebe. „Das ist eine klare Demonstration fortgesetzter russischer Beteiligung an der Destabilisierung der Ostukraine“.

Das Nato-Mitglied USA bestätigte diese Darstellung bis jetzt allerdings nicht, das berichtet der CNN-Reporter und Leiter der Abteilung für Nationale Sicherheit, Jim Sciutto, via Twitter:

Video eines Häuserkampfes in Marinka:

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Video eines Häuserkampfes des Bataillons Asow in Mariupol:

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohntraum wird Luxus: Preise schießen in Städten durch die Decke
13.05.2025

Die Preise für Häuser und Wohnungen in Deutschland ziehen wieder deutlich an – vor allem in den größten Städten. Im ersten Quartal...

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...