Ampeln, die Jahrzehnte lang für mehr Sicherheit an Kreuzungen sorgten, sollen jetzt die Fahrzeiten in den Großstädten reduzieren. Ingenieure zeigen sich optimistisch, dass diese Technik großflächig umsetzbar ist. Dabei geht es nicht nur darum, den Verkehr zu steuern, sondern auch das Verhalten der Fahrer einschätzen zu können.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Es müssen weniger Straßen gebaut werden, um mehr Autos fahren zu lassen. Außerdem sind kürzere Fahrzeiten auch ökologisch sinnvoller, weil weniger Abgase ausgestoßen werden.
Üblicherweise sind die Ampeln bereits dem Verkehr angepasst, so dass durchschnittlich möglichst viele Fahrzeuge davon profitieren können. Insbesondere zu Stoßzeiten werden die Signale entsprechend programmiert. Meist wird die Einstellung alle drei bis fünf Jahren kontrolliert und gegebenenfalls optimiert. Doch in Utah sind diese Änderungen innerhalb von 30 Sekunden möglich.
Bedanken können sich die Pendler in Utah bei den Olympischen Winterspielen 2002. Wegen der intentionalen Veranstaltung wurde die Infrastruktur deutlich verbessert. So bekam der ganze Staat ein Glasfasernetzwerk, an das auch die Ampeln angeschlossen sind. Die Abteilung für Verkehr in Utah (UDOT) kann inzwischen auf mehr als 1.000 Kameras zugreifen und über 80 Prozent der Ampeln im ganzen Bundesstaat steuern.
Mark Taylor, ein Signalingenieur von UDOT, sieht Utah in der Vorreiterrolle: „Unsere Manager hier verstehen die enormen Einsparungen, die mit dem System möglich sind. Das bekommst du nicht einfach, in dem du ein paar mehr Straßen baust.“ Seinen Schätzungen zufolge, kann mit entsprechender Infrastruktur das Vierzigfache eingespart werden. Wenn die Ampeln die richtigen Signale geben, wird allen geholfen.
Dies spiegelt sich auf den Berechnungen für die US-Wirtschaft wieder. Demnach könnte ein solches System bundesweit eingesetzt pro Jahr 120 Milliarden US-Dollar einsparen. Primär basiert diese gigantische Summe auf der gewonnenen Produktivität. Weil Millionen von Menschen jeden Tag sinnlos Zeit im Stau verbringen, kann allein aus dieser gewonnen Zeit die Wirtschaftsleistung berechnet werden.
Viele Städte schrecken die Investition in ein solches Modell aber ab. Außerdem benötigt dies auch zahlreiches Fachpersonal, das operativ eingreifen kann, um den Verkehrsfluss zu optimieren. Doch auch dafür gibt es eine Lösung. Professor Stephen Smith aus Pittsburgh erforscht künstliche Intelligenz und will diese in Ampeln zum Leben erwecken.
Dabei soll es einen Feldversuch in Pittsburgh geben, der die gesamte Stadt mit intelligenten Ampeln ausstatten wird. Hierbei wird auf Menschen als Beobachter verzichtet. Die Ampeln sollen selbständig auf den Verkehr reagieren und entsprechend schalten. Das Konzept ist komplex. So erhalte jede Kreuzung ihren eigenen optimalen Plan für den Verkehrsfluss.
Diese Informationen geben dann die Ampeln an den Kreuzungen an die umliegenden Straßen und deren Ampeln weiter. Die Ampeln unterhalten sich somit untereinander und berechnen die ideale Schaltungsfrequenz – und das in Echtzeit.
Bereits 2012 hat Professor Smith mit seinem Team neun intelligente Ampeln installiert und sah sofort die Ergebnisse. Die Reisezeit in einem Korridor mit den denkenden Signalgebern wurde um 25 Prozent beschleunigt. Die Wartezeit an roten Ampeln konnten sogar um 40 Prozent reduziert werden. Abgasemissionen gingen um 20 Prozent zurück.
Selbst ärmere Städte können davon profitieren. Das System ist derart flexibel, so dass Städte auch einzelne Kreuzung damit ausrüsten und das restliche Gebiet Stück für Stück nachrüsten können. Bis Ende des Jahres wir Pittsburgh 49 intelligente Ampeln haben.
Auf der anderen Seite arbeiten in Boston bereits Forscher, die berechnen wollen, wie das Verhalten der Autofahrer auf ändernde Ampelschaltungen reagiert. Am MIT laufen derzeit Computersimulationen, die analysieren, wie sich das Verkehrsaufkommen anpassen wird, sobald die neuartigen Ampeln im Einsatz sind. Dabei können genau die intelligenten Ampeln dafür ausschlaggebend sein, dass viel befahrene Straßen jetzt noch höher frequentiert werden.
Carolina Osori vom MIT erklärt die Logik hinter dieser Annahme. Wenn besonders viel befahrene Straßen durch die neuen Ampeln bevorzugt werden, erzeugt dies Interesse für andere Autofahrer. Die verkürzten Rotphasen locken deshalb neue Fahrer, die bislang andere Routen genutzt haben. Dadurch steige der Verkehr auf den bereits jetzt schon stark befahrenen Straßen.
Doch nicht nur die Autofahrer sollen dabei in den Genuss von kürzeren Wartezeiten kommen. Der am MIT entwickelte Algorithmus, wird auch Fußgänger helfen, schneller über die Straße zu kommen. Scheinbar kann jede Stadt die Prioritäten selbst verwalten – die intelligenten Ampeln in Kombination mit dem Algorithmus erledigen den Rest.