Die russische Zentralbank hat den Leitzins überraschend deutlich angehoben. Die Währungshüter entschieden am Freitag, den Schlüsselzins um anderthalb Prozentpunkte auf 9,5 Prozent hochzuschrauben. Die Notenbank begründete den Schritt mit dem anhaltend starken Preisauftrieb. Voraussichtlich werde die Inflationsrate auch Anfang 2015 nicht unter die Acht-Prozent-Marke sinken. Zugleich erwartet die Zentralbank für Ende dieses und Anfang kommenden Jahres praktisch kaum noch Wirtschaftswachstum.
Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt lediglich eine Anhebung um einen halben Prozentpunkt auf 8,5 Prozent vorausgesagt. Die Notenbank hat nunmehr bereits zum vierten Mal in diesem Jahr an der Zinsschraube gedreht.
Wegen der russischen Rolle im Ukraine-Konflikt hat der Westen gegen das Land Sanktionen verhängt, die in den vergangenen Monaten den Aktienmarkt des Schwellenlandes belasteten und zu einem Kursverfall des Rubel führten. Die Kapitalflucht aus dem Land belastet die stark von Rohstoffexporten abhängige Wirtschaft Russlands zusehends, die auch wegen des gesunkenen Ölpreises stärker unter Druck geraten ist.
Russlands zweitgrößte Bank VTB will einem Zeitungsbericht zufolge den Staat um finanzielle Hilfen von umgerechnet bis zu 3,76 Milliarden Euro ersuchen. Davon sollten nach Möglichkeit 1,3 Milliarden Euro noch in diesem Jahr fließen, um die Kapitaldecke zu verbessern, berichtete die Zeitung "Vedomosti" am Freitag unter Berufung auf einen Insider der Regierung und einen weiteren der Bank.
VTB ist eines der staatlich kontrollierten Unternehmen in Russland, gegen das die EU und die USA wegen des Ukraine-Konflikts Sanktionen verhängt haben. Damit ist der Zugang der VTB zu internationalem Kapital beschränkt. Der Westen wirft Russland vor, die Separatisten im Osten der Ukraine zu unterstützen.
VTB wollte sich nicht zu dem Bericht äußern. Andere staatlich kontrollierte russische Großunternehmen haben bereits Staatshilfen beantragt, darunter der Ölkonzern Rosneft.