Finanzen

China: Faule Kredite werden für europäische Banken zum Problem

Die Zahl der faulen Kredite in China steigt. Viele Unternehmen können ihre Kredite nicht mehr bedienen. Das birgt nicht nur Gefahren für die chinesischen Banken, sondern auch für deutsche Finanzinstitute. Sie haben allein gegenüber den Banken in China offene Forderungen in Milliardenhöhe.
01.11.2014 02:33
Lesezeit: 2 min

Faule Kredite, unzureichende Kreditvergabe, Schattenbanken – China kämpft derzeit an vielen Ecken des Finanzsystems. Das Gerüst wackelt, denn auch die Privatwirtschaft ist angeschlagen. Doch nicht nur die chinesischen Banken sind gefährdet: Die europäischen Banken sind stark mit China verwoben. Milliarden stehen auf dem Spiel.

So haben beispielsweise europäische Banken gegenüber China offene, risikobehaftete Forderungen in Höhe von 362,762 Milliarden Dollar, wie der aktuelle Bericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zeigt (Stand Juni 2014). Forderungen, die die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIS) als Forderungen nach dem letztlichen Risiko bemisst (ultimate risk basis). Für deutsche Banken sind das Mitte des Jahres Forderungen in Höhe von 40,66 Milliarden Dollar (fast 32 Milliarden Euro), bestätigte die BIS den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise haben Chinas Banken die meisten faulen Kredite überhaupt angehäuft. So beliefen sich die faulen Kredite (Non-performing loans NPL) der zehn größten chinesischen Banken im Sommer 2014 auf 519,80 Milliarden Renmimbi (ca. 84 Milliarden Dollar). Das ist ein Anstieg von mehr als 15 Prozent in nur sechs Monaten. Seit elf Quartalen steigen die faulen Kredite in den Bilanzen der Banken kontinuierlich  Ein Risiko, dass auch die deutschen Banken über ihre offenen Forderungen gegenüber China tragen. Der BIS zufolge belaufen sich die offenen Forderungen gegenüber chinesischen Banken beispielsweise auf 24,539 Milliarden Dollar. Die restlichen ca 16 Milliarden Dollar-Forderungen deutscher Banken verteilen sich auf die Privatwirtschaft, Derivate-Verträge etc.

Mehr als 60 Prozent der faulen Kredite in den Bilanzen chinesischer Banken stammen aus der Kreditvergabe an Unternehmen aus der Produktion und dem Einzelhandel, gibt die chinesische Bankenaufsichtsbehörde (China Banking RegulatoryCommission/ CBRC) an. Seit den 90er Jahren hat die chinesische Regierung mehr als 650 Milliarden Dollar ausgegeben, um Banken zu retten, so Bloomberg.

Die steigende Zahl der faulen Kredite und die drohende Kreditklemme erzeugt auch Unruhe bei den chinesischen Unternehmen.  Im September nahmen die Unternehmen 5,4 Mal mehr Fremdkapital auf, als im gesamten ersten halben Jahr 2014, so eine Analyse von Morgan Stanley. Wurden im August nur 11,2 Milliarden Dollar als kurzfristige Kredite an Unternehmen vergeben, waren es im September schon 26,8 Milliarden Dollar. Die langfristigen Kredite stiegen ebenfalls: auf 45,9 Milliarden Dollar, so der Businessinsider.

Die Unternehmen fürchten eine Kreditklemme. Strauchelnde Unternehmen können ihre Kredite nicht zurückzahlen, das erhöht die faulen Kredite in den Bilanzen der Banken. Diese vergeben dann weniger Kredite, weil sie ihr Eigenkapital wieder aufbessern müssen. Erst im September pumpte die Zentralbank Chinas 500 Milliarden Yuan in die fünf größten Banken des Landes. Weitere Injektionen in Höhe von 200 Milliarden Yuan sind geplant.

Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zählt China in ihrem aktuellen Jahresbericht zu den fünf Ländern, in denen ein Crash im heimischen Bankensystem drohen kann. Und in einer Analyse kam die Stern School of Business der New York University Mitte des Jahres zu dem Schluss, dass Chinas Banken das weltgrößte systemische Risiko darstellen, gefolgt von Japan und Frankreich. Die deutschen Banken rangieren auf Platz sechs der Banken mit dem größten systemischen Risiko.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzverwalter: „Enorme Geldverbrennung“ bei Wirecard
11.07.2025

Der Anwalt Jaffé ist seit fünf Jahren mit der Sicherung des übrig gebliebenen Vermögens beschäftigt. Er fand nach eigenen Angaben im...

DWN
Finanzen
Finanzen Kupferpreis explodiert: Was Trumps Zollfantasien auslösen
11.07.2025

Eine 50-Prozent-Zollandrohung von Trump lässt den Kupferpreis durch die Decke schießen – und sorgt für ein historisches Börsenchaos....

DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....