Politik

Russland: US-Geheimdienst berichtet von Machtkampf im Kreml

Der russische Innenminister könnte schon bald zurücktreten. Denn im Kreml tobt ein Machtkampf zwischen verschiedenen Fraktionen, die das Innenministerium unter ihre Kontrolle bringen wollen. Das Ministerium ist eine der einflussreichsten und mächtigsten Institutionen des Landes.
15.11.2014 01:14
Lesezeit: 2 min

Die russischen Medien berichten über einen möglichen Rücktritt des russischen Innenministers Wladimir Kolokoltsew. Denn nach Angaben des privaten US-Geheimdiensts Stratfor tobt im Kreml ein Machtkampf zwischen verschiedenen konkurrierenden Cliquen.

Der Westen spekuliert seit einiger Zeit mit dem Sturz Putins. Die Sanktionen könnten dazu beitragen, dass die Position Putins wegen der sich verschlechternden Wirtschaftslage gefährdet wird.

Putin selbst hält den rapide sinkenden Ölpreis für eine Gefahr. Die Russen wollen jedoch mit einer Erhöhung der Währungsreserven gegensteuern.

Doch Stratfor will eine andere Kampfzone ausgemacht haben: Es geht um das wichtige Innenministerium, dem auch die Polizei unterstellt ist.

Das Innenministerium ist eines der mächtigsten Ministerien des Landes und ist deshalb heiss umkämpft. Es ist ein wichtiges Werkzeug für alle jene, die in Russland politische Macht für sich verbuchen wollen. Das Innenministerium stellt einen wesentlichen Teil des innenpolitischen Überwachungsapparats des Landes bereit.

Der Pressesprecher des russischen Präsident, Dimitri Peskow, hat die Gerüchte über Machtkämpfe im Kreml bisher weder bestätigt noch dementiert.

Auf der technischen Ebene gehört Kolokoltsew zu den besseren Innenministern der russischen Geschichte. So argumentiert zumindest Stratfor. Seine Reformen der Polizei und der Sicherheitskräfte des Innern wurden in der Öffentlichkeit hochgelobt. Zu den Sicherheitskräften des Innern gehören paramilitärische Einheiten mit einer Truppenstärke von 200.000 Personen. Diese Paramilitärs sind die am besten ausgebildeten und ausgestatteten Sicherheitsbeamten Russlands, berichtet Stratfor. Sie verfügen über Kampferfahrung und waren sowohl im Nordkaukasus als auch in Tschetschenien tätig.

Traditionell gesehen untersteht das Innenministerium den Geheimdiensten und es gibt auch eine Reihe von Verzahnungen. Während der zaristischen Ära kontrollierte das Ministerium die Gendarmerie und die Geheimpolizei. In der frühen Sowjetzeit war Felix Dserschinski der erste Innenminister und gleichzeitig der Chef der Geheimpolizei Tscheka. Die Tscheka ist der Vorläufer des KGB und auch die Gründung dieser gefürchteten Einheit geht auf Dserschinski zurück.

Der Inlandsgeheimdienst FSB hat die Einheiten des Innenministeriums immer als seinen bewaffneten Arm angesehen. Der FSB hat sich niemals auf das russische Militär verlassen, zumal das Militär unter der Aufsicht und dem Einfluss verschiedener Fraktionen steht, die untereinander konkurrieren.

So war Ex-Innenminister Raschid Nurgalijew ein führender FSB-Beamter, bevor er Innenminister wurde. Er führte das Ministerium aus einer reinen politischen Motivation heraus und entwickelte keine innere Sicherheits-Strategie.

Doch Kolokoltsew war vor seinem Amt als Innenminister als Chef der Polizei in Moskau tätig. Er wurde als Technokrat angesehen, der mit den internen Machtkämpfen im Kreml nichts zu hatte. Seine Abhängigkeit zum FSB ist im Gegensatz zu Nurgalijew sehr gering.

Als Kolokoltsews Nachfolger wird Viktor Zolotow gehandelt. Zolotow gilt wiederum als Gefolgsmann Putins und war zuvor Chef des Föderalen Sicherheitsdiensts (FSO). Der FSO ist direkt für den Schutz des russischen Präsidenten zuständig. Zolotow steht nicht in Verbindung zu den Sicherheitskreisen des Kremls. Seine einzige Anlaufstelle ist Putin.

Sollte er tatsächlich Innenminister werden, müsste sich der Präsident auf einen Machtkampf mit dem FSB einstellen, was unter anderem seine Popularität untergraben könnte. Putin müsste sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er seinen Laden nicht im Griff hat. Denn der FSB will wieder die Macht über das Innenministerium erlangen und wird sich nicht so leicht geschlagen geben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Putins Informationskrieg: Warum der Westen bereits verliert
21.06.2025

Während Russland mit Desinformation und Zynismus die Ordnung zerschlägt, wirkt der Westen wie ein schläfriger Zuschauer. Genau deshalb...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Litauischer Hersteller Altas Auto: Wie Europa exklusive Elektrobusse bekommt
20.06.2025

Während Europas Politik auf Elektro-Transformation pocht, bleibt die Umsetzung zäh. Ein litauischer Hersteller von E-Minibussen will die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Waffen brauchen Rohstoffe: Der stille Machtkampf um die Kriegsmetalle Antimon und Wolfram
20.06.2025

Antimon und Wolfram gelten als Schlüsselfaktoren für die moderne Rüstung. Doch die weltweiten Vorkommen liegen größtenteils außerhalb...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osteuropas KI-Plan: Die EU-Digitalwende kommt nicht aus Brüssel
20.06.2025

Mit fünf strategischen Hebeln will Mittel- und Osteuropa die EU-Digitalspitze übernehmen – ein ambitionierter Plan mit Folgen für die...

DWN
Politik
Politik Ex-Minister Jens Spahn unter Druck: Parlament erhält teils geschwärzten Bericht zu Masken-Deals
20.06.2025

Ein vertraulicher Masken-Bericht sorgt für neuen politischen Zündstoff. Die angekündigte Offenlegung im Bundestag bleibt unvollständig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erhöhung Mindestlohn: Kommt 2026 eine Anhebung auf 15 Euro?
20.06.2025

Ende Juni befindet eine Kommission über eine weitere Erhöhung der Lohnuntergrenze. Eine Zahl spielte beim Wahlkampf der SPD eine große...

DWN
Panorama
Panorama Jobcenter zahlt 5000 Euro Bürgergeld für den Autokauf: "Das ist doch irre!"
20.06.2025

5000 Euro Bürgergeld für ein Auto? Das Jobcenter Dortmund sorgt mit einem Pilotprojekt für Aufsehen. Arbeitslose sollen mit Prämien in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Israel und Iran: Der wahre Preis von Krieg, Öl und Exodus
20.06.2025

Raketenhagel, Krieg mit dem Iran, massive Auswanderung – und trotzdem explodieren Börse und Rüstungsexporte. Wie lange kann das...