Dem Internationalen Währungsfonds (IWF) steht ein neues Debakel in der Ukraine bevor. Denn es zeichnet sich ab, dass das 17 Milliarden US-Dollar-Paket des IWF, das im April 2014 vereinbart wurde, gerade verbrannt wird und in einer ausgewachsenen Abwärts-Spirale in einem Staatsbankrott endet.
Die Währungsreserven der Ukraine fielen auf 12,6 Milliarden US-Dollar, das ist gerade einmal genug, um in den nächsten sechs Wochen die anstehenden Importe zu bezahlen. Die Landeswährung Hryvnja fiel gegenüber dem Dollar allein in den vergangenen Wochen um 20 Prozent und hat fast 50 Prozent in diesem Jahr verloren. Dies macht es umso schwieriger für ukrainische Unternehmen, als auch Banken und die Regierung, die meist in US-Dollar fälligen 60 Milliarden Schulden zu bedienen.
Die offizielle ukrainische Wirtschaft wird allein in diesem Jahr um 10 Prozent einbrechen, mehr als doppelt so hoch, wie es der IWF erwartete, als er die „Rettungsaktion“ genehmigte, wie der britische Telegraph berichtete.
Die Renditen von dreijährigen ukrainischen Anleihen seien auf 17,7 Prozent und die Ausfallversicherungen (Credit-Default-Swaps) um 1,49 Basispunkte gestiegen, mithin auf ein Niveau, das in der Regel einer Umschuldung vorausgeht.
Umso gravierender macht sich die Schattenwirtschaft in der Ukraine bemerkbar. Schätzungen zufolge liegt der Anteil der Schattenwirtschaft zwischen 30 und 100 Prozent des offiziell ausgewiesenen Bruttoinlandsprodukts. Um die Schattenwirtschaft einzudämmen wurden zwar die Unternehmenssteuer reformiert und die Exportsteuern beseitigt, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung analysierte.
Dennoch: „Die ukrainischen Machthaber wollen wie jeher im Modus des welfare state mit schwachen postsowjetischen Institutionen, Misstrauen gegenüber dem Staat, paralysierten Mechanismen des Schutzes von Eigentumsrechten und einer mehr als 50-prozentigen Schattenwirtschaft arbeiten“, sagt Jaroslaw Romantschuk, Ukraine-Experte und Chef des Minsker Wirtschaftsinstituts Mises. Alte Clanchefs und neue Machthaber stünden wieder in einer Allianz. Und „die deklarierte Nulltoleranz gegenüber Korruption ist zu einer Nullaktivität geworden“, wie die Welt berichtete.
Schattenwirtschaft ist für einen Staat deshalb so prekär, da keine bzw. nur teilweise Steuern entrichtet werden. Auch kriminelle Machenschaften wie Schmuggel, Hehlerei, Drogenhandel oder Betrug zählen zur Schattenwirtschaft.
Was die Volkswirtschaft anbetrifft, so weichen Menschen immer dann in die Schattenwirtschaft aus, wenn Steuern oder Abgaben als zu hoch empfunden werden, so dass ein Ausweichen als vorteilhaft erscheint. In der Ukraine scheint der Grund darin zu liegen, dass ein nicht mehr funktionierendes wirtschaftliches und soziales System die Ursache ist.
Ein weiteres gravierendes Signal sind die Währungs-Schattenhändler, bzw. der Schwarzmarkt der Devisenhändler. Überall auf den Straßen wird die ukrainische Währung Hryvnja schwarz in US-Dollar umgetauscht. 18 Hryvnja für einen US-Dollar sind keine Seltenheit, wie die Financial Times meldet.
Ein derartiges Wiederaufblühen des Devisen-Schwarzmarkts war zuletzt vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion in der Ukraine zu beobachten. Und sind somit Vorzeichen, dass das Land in eine enorme finanzielle Krise schlittert.
Diese giftige Mischung aus Schattenwirtschaft, Devisen-Knappheit und Devisen-Schwarzmarkt löst Befürchtungen eines möglichen Staatsbankrotts aus und begünstigen die Rufe nach einer erneuten internationalen Rettungsaktion.
Analysten betonen, dass der IWF dieselben Fehler wiederhole, die er in Griechenland und in Argentinien machte. Er verleihe große Summen an ein Land, das sich kopfüber in Richtung einer Insolvenz befinde.
Die Alternative – und weitaus näher im Einklang mit den IWF-Regeln wäre es gewesen, einen Haircut für die Gläubiger zu verhängen und der Ukraine einen Neuanfang mit dem Schuldenerlass zu ermöglichen.
Stattdessen belohne der IWF „Geierfonds“, die ukrainische Schulden kauften und darauf wetten, dass das Land geopolitisch zu wichtig sei, um es scheitern zu lassen. Denn am Ende, so das Kalkül, wurde es in der Vergangenheit immer durch Russland – und neuerdings durch den Westen – gerettet.
Der Ruf nach neuen Krediten vom EU-Steuerzahler dürfte daher bald lauter werden. Zuletzt hatte die EU angekündigt, im Jahr 2015 weitere Kredite zu gewähren.